Uncategorized

  • Kokosnussregen und ein vegetarisches Krokodil

    Indien auf der Plantage Thonikadavu 2

    Kurioses im Süden Indiens

    Amar schiebt mit einer hölzernen Schaufel den Berg von Betelnüssen zum Trocknen auseinander. Rund 2000 Betelnuss-Bäume wachsen auf der Plantage Thonikadavu. Sie liegt nicht weit vom historische Bekal Fort im Distrikt Kasaragord, der größten und bekanntesten Festungsanlage an der Küste des Bundesstaats Kerala. Diese Gegend eignet sich besonders gut für „Indienanfänger“, die sich nicht auf ausgetretenen Touristenpfaden bewegen wollen – und birgt allerlei Kuriositäten.

    Amar beim Trocknen der Betelnüsse

    Amar beim Trocknen der Betelnüsse

    Amar ist auf der Plantage für rund 10000 Rupien, etwa 140 Euro im Monat, angestellt. Um sich die Zeit beim Arbeiten zu vertreiben, kaut er Kautabak: eine Mischung aus Betelpfefferblättern, der Kletterpflanze Vettilla und Muschelkalk. Das Päckchen dazu hat er immer in seiner Hosentasche.
    Für Besucher ist die Plantage Thonikadavu besonders interessant, weil sie wie ein riesiger verwunschener Garten angelegt ist. Besitzer Rathnu baut auf seiner Plantage nicht nur Aranca und Kokosnüsse, sondern auch Gummi, Ananas und Pfeffer an, die er auf den lokalen Märkten vertreibt. Zwischen den Palmen gedeihen auch viele endemische Pflanzen und Früchte, die man bei einem Spaziergang über das in Terrassen angelegte Gelände hervorragend studieren kann.

    Rathnus Vater hat die Plantage 1952 angepflanzt und dabei die alten Strukturen des Geländes belassen. Früher war hier alles dichter tropischer Regenwald, jetzt grenzt der Wald an die Plantage.
    Rathnu führt die Gruppe an seinem Wohnhaus vorbei über dicht bewachsenes Grasland, dann geht es über eine natürlich angelegte Treppe ins Innere des tropischen Gartens. Wie ein grünes Dach wölben sich die Palmen über dem Pfad. Kaum ein Laut ist zu hören, nur das Zirpen der Iruli, der heimischen Grashüpfer, unterbricht die Stille. Ein Yellow-Butter-Cup-Schmetterling in gelb-schwarzen Farben flattert vorbei. „Seht ihr dort die großen grüngelben Früchte an den Bäumen?“ fragt Rathnu. „Das sind Jackfrüchte. Sie können bis zu 45 Kilo schwer werden.“ Am Jackfruchtbaum hängt eine Vanilleschote, die sich wie eine Kletterpflanze an einen Ast des Baumes geheftet hat. „Die Vanille ist bei uns nicht einheimisch, sie kommt ursprünglich aus Madagaskar“, erzählt Rathnu, „heute kann man sie aber in Indien in Gärtnereien kaufen.“

    Der Pfad windet sich, immer tiefer geht es hinein in den Garten. Auf einer Lichtung taucht ein Haus einer indischen Familie auf, die auf der Plantage lebt. Amar, der der Gruppe gefolgt ist, nimmt ein dickes Bastseil als Schlinge, legt es um den Stamm der Kokospalme und schlüpft mit den Füßen hinein. Für die Arme legt er eine Art Handtuch um den Stamm der Palme. So ausgerüstet schiebt er sich am Stamm nach oben. Von oben wirft er Kokosnüsse herunter, man muss schon etwas aufpassen, dass man nicht von einer Kokosnuss getroffen wird. Rathnu zückt seine Machete, die er beim Gang über die Plantage immer dabei hat und „köpft“ die Nuss: Das Kokoswasser schmeckt erfrischend.

    Vor dem Haus sitzen zwei Inderinnen mit ihren kleinen Kindern. Sie bieten uns Tody an. Tody ist gegorenes Kokoswasser, das in Indien in kleinen Bars ausgeschenkt wird. Je nach der Gärzeit intensiviert sich der Alkoholanteil. Wir bekommen einen Tody vom Morgen, der kaum vergärt ist. Die Abend-Todys, so wird erzählt, sind sehr viel stärker. Wir rauchen zum Tody Beedis, kleine indische Zigarillos aus Ebenholz-Tabakblättern. In Indien ist das Beedi-Rauchen sehr verpönt, da die Beedis als billig gelten und deswegen nicht angesehen sind. Überhaupt muss man beim Rauchen in der Öffentlichkeit vorsichtig sein, im Distrikt Kasaragord kann man dafür sogar mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden.

    Lokale Familie auf der Plantage

    Lokale Familie auf der Plantage

    In Kasaragord gibt es noch mehr Kurioses zu entdecken: Eine unglaubliche Geschichte birgt der Ananthapuram-Tempel nicht weit vom Ort Kasaragord entfernt, der einst zu Ehren von Gott Vishnu erbaut wurde. In einem Bassin neben dem Tempel lebt seit etwa siebzig Jahren das Krokodil Bibia. Bibia liegt regungslos in einer Ecke des kleinen Teiches neben dem Tempel und lässt sich auch von schreienden Kindern und blitzenden Handys nicht aus der Ruhe bringen. Ab und zu kneift Bibia die Krokodilsaugen zusammen. Es lässt sich täglich von den Tempelpriestern mit den Opfergaben, meist Palmzucker und Reis, füttern und sei „äußerst friedlich, hätte noch nie gebissen“, erzählen die Priester.

    Aber nicht nur die fantastische Vegetation und das Krokodil faszinieren im Distrikt Kasaragord. Schon dieser kleine Teil Indiens steckt voller Geschichten, ist bunt und multikulturell – und spiegelt damit das komplexe Bild Indiens wider.

    Informationen und Empfehlungen:

    Anreise: Flug zum Beispiel mit Lufthansa von Frankfurt nach Dubai. Von dort geht es mit der indischen Fluggesellschaft Jet Airways nach Mangalore.

    Übernachtung im neuen Vivanta By Taj Bekal mit wunderschönen Gartenvillen (www.tajhotels.com), das Hotel holt Gäste vom Flughafen in Mangalore ab.

    Veranstalter für individuelle Indienreisen: www.enchantingtravels.de

    Online-Reisejournal 2014

  • Die Gärten von Menton

    Zwischen Zimtbäumen und Farnen

    Maria Serena (18)

    Der Garten Maria Serena mit grandiosen Ausblicken aufs Meer

    Das kleine Städtchen Menton an der französischen Riviera liegt zwischen Monaco und der Grenze zu Italien. Im Hinterland ist Menton von einer bizarren Bergkette umgeben, deren Gipfel, wie der 1240 Meter hohe Mont Ours, majestätisch in den Himmel ragen. Menton profitiert vom milden Klima der Côte d’Azur, das in der Stadt ein regelrecht subtropisches Mikroklima erzeugt. Der Mont-Agel sorgt dafür, dass Westwinde die Stadt nicht erreichen können, und die letzen Ausläufer der Alpen schirmen sie in nördlicher und nordöstlicher Richtung ab. Die Winter sind mild und sonnig – die niedrigste monatliche Durchschnittstemperatur liegt im Januar bei 11,3 Grad. Im Durchschnitt ist es in Menton um etwa fünf Grad wärmer als in Nizza.

    Verwöhnt durch das milde Klima, bieten sich in Menton optimale Bedingungen für die Aufzucht von Pflanzen und die Anlage von Gärten.
    In den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts zog es vor allem die Briten in dieses kleine Örtchen, denn hier war es im November so angenehm wie im Mai daheim in Kent. Mit der Ausweitung des Seehandels zur Regierungszeit Queen Victorias brachten die Engländer aus ihren Kolonien immer neue Pflanzen mit nach Hause, die sie in Glashäusern züchteten: Limonen, Orangen, Feigen, Aloe Vera, Feigen, Farne. Sie waren ganz verrückt nach botanischen Trouvaillen.

    Hier, an der Küste zwischen Genua und Marseille, waren Gewächshäuser unnötig – und die Briten konnten ihrer Gartenleidenschaft unter freiem Himmel frönen. Die kleine Stadt Menton wurde zur Spielwiese englischer Gartenfantasien. Bevorzugter Stadtteil Mentons war Garavan mit seinen Landgütern, die die Briten in grüne Gartenparadiese verwandelten. Allein in Garavan sind heute noch vier Gärten aus dem frühen 20.Jahrhunderts erhalten: Colombières, Fontana Rosa, Maria Serena und Val Rahmeh. Eine Besichtigungstour der Gärten von Menton verbindet alte britische Gartenkunst mit dem Blick auf das Mittelmeer, das von fast allen Gärten aus zu sehen ist.

    Beginnen könnte man im Stadtteil Garavan mit dem zwei Hektar großen Garten Maria Serena, der schon ganz in der Nähe der italienischen Grenze liegt. Fantastisch ist in diesem Garten die Vielzahl der Palmen (in Menton gibt es 50 verschiedene Palmenarten), und immer wieder schweift der Blick zum Meer, wenn man die Serpentinen des Gartens bis zur Hauptvilla emporsteigt. Die Anlage verfügt über Elemente aus der Kolonialzeit, wie beispielsweise sogenannte “Oulds”, große Wasserbecken im Stil afrikanischer Sümpfe, die heute mit Wasserlilien bedeckt sind und dem Garten subtropische Atmosphäre verleihen. Ebenfalls an Afrika erinnern exotische Gräserarten wie Papyrus.

    Zu den besonderen Elementen von Maria Serena gehören kleine Grotten, aus denen Quellen fließen, die sich aus den nahen Bergen speisen. Zu den außergewöhnlichen Bäumen zählen ein Neroli und ein Dragonier-Baum, aus Brasilien stammt ein Jacaranda-Baum. Auch einen Zimtbaum gibt es. Die Villa, von der man einen wunderbaren Blick auf Menton und seinen Hafen hat, wird von der Stadt für offizielle Anlässe genutzt. Der Garten ist Charles Garnier gewidmet, dem Architekten der Pariser Oper und der Kuppel des Observatoriums von Nizza. Für seinen Freund Ferdinand de Lesseps zeichnete er die Pläne des Gartens. Maria Serena – 21, promenade Reine Astrid – ist der wohl wärmste Garten Frankreichs: Nie fällt die Temperatur unter 5 Grad Celsius.

    Nur ein paar hundert Meter entfernt befindet sich der zweite sehenswerte Garten in Menton-Garavan: Fontana Rosa in der Avenue Blanco-Ibanez. Er ist das Werk des spanischen Schriftstellers Vicente Blasco-Ibanez. Er kaufte das Grundstück 1921 und widmete den Garten den großen Meistern der Literatur. Schon über dem Eingangstor ist ein Portrait von Cervantes auf Kacheln gemalt. Innen sind Elemente wie in einem andalusischen Garten arrangiert. Es gibt Rotonden, die mit Kacheln gefließt sind. Herrliche Arkadengänge werden von Agapantus flankiert. Am Ende der Gänge sieht man kleine Statuen in Nischen stehen. Über dem ganzen Garten liegt ein betörender Duft der Pinien, die den Garten umgeben.

    Fontana Rosa

    Fontana Rosa

    Auch mit den nächsten drei Stadtgärten beweist Menton, dass man hier schon früh die Möglichkeiten erkannt hat, mit Gärten Akzente in der Stadt zu setzen. Biovès ist der Hauptstadtpark im Zentrum von Menton, benannt nach dem Bürgermeister Emile Biovès, der ihn in den 1880er Jahren anlegen ließ. Beim Zitronenfest im Februar ist er der Mittelpunkt der Feierlichkeiten. Er wurde so konzipiert, dass man ihn leicht bewässern kann. Die Farben der Pflanzen sind nach Abschnitten in jeweils einem Ton gehalten, Rot und Orange wechseln sich ab. Von hier aus kann man gut das kleine Bergdorf Saint Agnes erkennen, in dem man einen mittelalterlichen Garten findet.

    Square des Etats Unis

    Square des Etats Unis

    Nur ein paar Straßenzüge weiter – 3, avenue de la Madone – liegt der Park “Square des Etats Unis”, mitten in einem Innenhof. Er wurde 1995 wieder hergestellt und bietet jetzt eine kleine exotische Oase inmitten der Stadt. Farne und Palmen spenden Schatten, ein Eritrice-Baum aus Südamerika, Fikus und Jacaranda-Bäume beweisen auch hier, wie gut exotische Pflanzen in Menton gedeihen. Der letzte der Stadtparks ist der Park des Palais Carnolès, in dem das Museum der Schönen Künste untergebracht ist. Hier wachsen über 100 verschiedene Zitruspflanzen, Pampelmusen, Mandarinen, Clementinen, Kumquat und Bergamotte – der Früchtereigen scheint kein Ende zu nehmen. Flankiert werden die Zitrusfrüchte von sechs verschiedenen Zedernarten, Skulpturen, die die Alleen schmücken, welche den Garten um das Museum herum gliedern.

    Der schönste aller Gärten von Menton aber liegt versteckt in einem Tal Richung Gorbio. La Serre de la Madone ist ein Dornröschen-Dschungel, der ein wenig sich selbst überlassen scheint. Die stille Verlassenheit beglückt, der amorphe Zustand bezaubert. La Serre de la Madone ist das zweite Werk eines der ganz großen Landschaftsarchitekten, des Briten Lawrence Johnston. Es ist ein kostbares Raritätenkabinett von 700 verschiedenen Baumarten, die eine oder andere konnte bis heute von keinem Botanik-Weisen identifiziert werden.
    Der Garten steigt über zwanzig Terrassen in die Höhe, jede Ebene ist auf einen Blickfang hin komponiert. Wie ein Eingang zum Paradies öffnet sich etwa auf der halben Höhe des Gartens eine Tür, die in ein altes Gewächshaus führt. Die Flügeltüren stehen zur anderen Seite weit geöffnet und geben den Blick frei auf ein altes Bassin. Wegen seiner vielen Algen schimmert es etwas grünlich, die Zeit seit den Jahren des Gartengründers Johnston scheint hier still zu stehen. Nur das Zirpen der Zikaden unterbricht den Zauber.

    Von Bettina Louise Haase

    Serre de la Madonne

    Serre de la Madonne

    Informationen und Empfehlungen:

    Gärten: Die Gärten Maria Serena (21, promenade Reine Astrid) und Fontana Rosa (Avenue Blanco-Ibanez) können in Touren besichtigt werden. Maria Serena: Dienstag, 10 Uhr, Freitag 14.30 Uhr, Fontana Rosa: montags und freitags um 10 Uhr, Karten vor Ort an den Gärten erhältlich, die Touren finden bereits mit einer Person statt und kosten je Garten 6 Euro.

    Réservation à l’Office de Tourisme au La Serre de la Madone: 74, Route de Gorbio, Öffnungszeiten: bis Oktober 10 bis 18 Uhr, in den Wintermonaten 10 bis 17 Uhr Eintritt: 8,00 Euro.

    Restaurant: Elsa-Plage, direkt am Meer gelegen, die Plats du Jour sind eine Empfehlung; 1, Promenade du Soleil, Menton, Tel: 0033/(0)4 93358083
    Jean Cocteau Museum: Unbedingt sehenswert ist das neue Jean Cocteau Museum in Menton, das seit 2012 eröffnet hat. Darin wird die Jean-Cocteau-Sammlung des Amerikaners Séverin Wundermann gezeigt. Geöffnet täglich außer dienstags von 10 bis 18 Uhr, jeden Freitag im Juli und August bis 22 Uhr; Eintritt: 8 Euro; Musée Jeann Cocteau, 2, quai de Monléon, Menton, Tel: 0033/(0)489815250, www.museecocteaumenton.fr

    Hotel:
    The Royal Westminster, 28 Avenue Félix Faure, Menton, Tel: 0033/(0)4 93 28 69 69, DZ ab 156 Euro

    Weitere Informationen: http://de.rendezvousenfrance.com/