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  • Der sportlichste der Familie – Testbericht Volvo S 60

    Der Volvo S60 verbindet Sportlichkeit und Gediegenheit auf’s schönste – ein Testbericht

    Dieses Auto ist ein Versprechen. So wie die Marke Volvo immer ein Sicherheitsversprechen war und ist, so ist diese sportliche Limousine von Volvo ihrer Erscheinung nach ein dynamisches Versprechen. So schnittig und sportlich-elegant wie der S60 aussieht, mag man beim ersten Blick überrascht sein, dass es sich um einen Volvo handelt (das Heck wirkt allerdings etwas plump gegen das Frontdesign). Doch auch hier hält der Hersteller, was die Optik verspricht. Obwohl das Auto mit Normalbenzin fährt, ziehen uns die knapp 200 PS des Testwagens, wenn nötig, in nullkommanichts nach vorne – ob im Stadtverkehr, auf der Landstraße oder auf der Autobahn (offiziell sind es 7,9 Sek. auf 100 km/h). Das geht wunderbar sanft und gleichmäßig, nicht wie in einem krachigen Sportauto. Denn das will man als Volvo-Fahrer ja eher nicht – ein holpriges Sportvehikel.

    S60 R-Design, in Fusion Red metallic

    Sicher ist der Volvo S60 auch ein geeignetes Auto für sportliche Fahrer, aber vor allem für Freunde des gepflegten, aber kraftvollen Gleitens. Das Achtgang-Automatikgetriebe schaltet vollkommen geräuschlos und stets zur richtigen Zeit, ohne dass man davon beim Fahren etwas mitbekommt. Dazu verfügt das Fahrzeug über einen kleinen Elektromotor, der beim langsamen Fahren im Stadtverkehr gute und umweltfreundliche Dienste tut.

    Die Sicherheit des Fahrwerks ist ebenfalls ein Volvo-Versprechen – das der S60 jederzeit hält. Das Kurvenverhalten ist beispielhaft, die Bremsen reagieren weich und doch stark. Das ideale Auto für eine Spritztour durchs Gebirge oder weiter in den Süden. Unebenheiten auf der Straße mag dieser Volvo dagegen eher weniger. Er liegt vorne recht tief, so dass man jede etwas tiefere Unebenheit in der Straße prüfen sollte, bevor man sie befährt.

    S60 R-Design, in Fusion Red metallic

    Die Sitze sind ergonomisch und formschön gestaltet und bieten großen Komfort – auch bei langen Strecken. Auch die Rücksitze haben ausreichend Platz und Bequemlichkeit. Die Verarbeitung und die Materialien sind hervorragend und optisch ansprechend; nur die Mittelkonsole fällt mit dem einfachen Plastik etwas ab.

    Der Bordcomputer – Infotainmentsystem Sensus Connect mit Sound by Bowers & Wilkins – macht das Fahren zusätzlich sehr bequem, denn die Fahrassistenten schalten sich auf den zentralen Bildschirm in allen dafür nötigen Situationen unaufdringlich, aber gut sichtbar zu. Sogar eine Sicht- von-oben-Anzeige gibt es, die z.B. anzeigt, ob man um eine Kurve herumkommt oder eben nicht. Die Musikanlage ist exquisit, ein wenig basslastig, aber mit hervorragendem Sound. Navi, Telefon, alles lässt sich ohne weiteres ohne großes Gefummel bedienen.

    S60, R-Design Fine Nappa Leather/Graphite Open Grid Textile Charcoal in Charcoal interior

    Hevorzuheben ist auch das erweiterte Luftqualitätssystem mit Feinstaubfilterung (gegen Aufpreis) – das sperrt auch in sehr langen Tunnels die Abgase sicher aus.

    Uns hat dieser Volvo rundweg überzeugt, er ist auch was den Preis betrifft ein gutes Angebot. Der Verbrauch hält angesichts des Sportsgeists des Fahrzeugs im Rahmen, in der Stadt liegt er bei 8,3 l, außerhalb bei 4,8 l – macht zusammen laut Hersteller im Schnitt 6,0 l.

    Die Serienausstattung für den Volvo S60 kostet 44.150 Euro, die Ausstattung des Testwagens mit erweiterten Assistenten, Sitzheizung, verbessertem Luftsystem, Infotainmentsystem, Metallic-Lackierung, Leichtmetallfelgen, Panorama-Glasschiebedacht u.a. kommt auf 59.600 Euro.

    Weitere Informationen unter: www.volvo.de

    Robert Jungwirth

  • Auf dem Jakobsweg durchs Burgund

    Blick auf Vezelay Foto: A. Rößler

    Pilgerpfade führen durch Weinberge und kleine Dörfer des Burgund

    Eine zweistündige Zugfahrt von Paris – schon landet man in einer anderen, dünn besiedelten Welt. Zwischen Weinbergen, Flüssen und Wäldern tauchen kleine Dörfer auf. Zum Wandern ist das Burgund, von den Einheimischen Bourgogne genannt, ideal.
    Zudem wandelt man auf historischen Pfaden, verläuft doch ein zentraler Abschnitt des Pilgerweges nach Santiago de Compostela hier entlang. Heute heißt die Strecke ganz pragmatisch „Fernwanderweg GR 654“. Wegweiser zeigen die gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund.

    Einst sammelten sich die Jakobspilger in dem Wallfahrtsort Vézelay, der zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Man verortete hier das Grab von Maria Magdalena, deren Reliquien noch heute in einem vergitterten Schrein ausgestellt sind. Noch immer zieht Vézelay zahlreiche Pilger an. Die übernachten aber nicht mehr in den Katakomben unter dem Kirchenschiff, sondern in Hotels, wie jenem, das in die ehemalige historische Poststation gezogen ist.
    Einst hatte Vézelay zehntausend Einwohner; heute leben hier gerade mal 700 Menschen. Geblieben sind das Gewirr der Gassen und eine trutzig wehrhafte Stadtkulisse mit Mauern, Türmen und Toren.

    Wir wandern auf den Spuren der von Norden kommenden Pilger nach Vézelay, das malerisch auf seinem „ewigen Hügel“ liegt. Wir durchqueren Weinberge und lichte Laubwälder, freuen uns über Schmetterlinge und Orchideen. Kleine Dörfer sind zu sehen, wo man überall ein Lokal zum Einkehren findet. Die deftige regionale Küche mit ihren erlesenen Weinen ist ein Grund mehr, sich auf den Weg zu machen.

    Blick auf Vézelay Foto: Alain Doire / Bourgogne-Franche-Comté Tourisme”

    Die Basilika von Vézelay thront weithin sichtbar auf einem langgestreckten Bergrücken; am Fuße des Morvan, Burgunds waldreichem Mittelgebirge. Nach dem Aufstieg lassen wir das stille Dorf Asquins hinter uns, spazieren durch die Felder, passieren am Hang ein kleines Kloster. Das letzte Stück geht es steil bergauf, vorbei an uralten Gartenmauern und Obstbäumen. Verschnaufen kann man an einer Quelle mit Wasserbecken, wo die Pilger einst ihre Kleider gewaschen haben. Oben auf dem Hochplateau führt eine schmale, steile Gasse durch den langgestreckten Ort zum Eingang der Basilika Sainte-Marie-Madeleine.
    Mehr als 900 Jahre hat die dreischiffige Basilika auf dem Buckel, ein Meisterwerk romanischer Baukunst, berühmt wegen der raffinierten Lichtgestaltung im Innern: Von der dämmrigen Vorkirche führt der Weg in den strahlend weißen, lichtdurchfluteten Chorraum; vorbei an reich verzierten Giebeln und Säulen. Ein paar Jahre lang war all das eine Großbaustelle. Doch jetzt geht die Generalsanierung dem Ende zu; nur noch die Westfassade und das Vorschiff sind eingerüstet.

    Nach der Kirchenbesichtigung genießen wir draußen auf der Terrasse den Panoramablick auf das Gebirgsmassiv des Morvan. Burgund gehörte zu den ersten Gebieten Galliens, wo sich christliche Gemeinschaften und Klöster bildeten. Im frühen 10. Jahrhundert ließen sich die Benediktiner in Cluny nieder. Sie gründeten die zeitweilig mächtigste Abtei des Abendlandes und unterstützten die burgundischen Herzöge finanziell und militärisch.
    Vézelay wurde zum Außenposten des rund 150 Kilometer weiter südlich gelegenen Cluny. Der Pilgerführer „Codex Calixtinus“ deklarierte Vézelay im 12. Jahrhundert zum Ausgangspunkt einer der vier Hauptrouten des Jakobsweges. Vor allem Pilger aus Mitteleuropa und Skandinavien sammelten sich hier.

    St. Lazare Avallon Foto: Rößler

    Jene Pilger, die von Osten nach Vézelay kamen, machten in Avallon Station, das majestätisch auf einem Granitfelsen thront. Von einer hohen Stadtmauer umgeben, hat sich Avallon sein mittelalterliches Erscheinungsbild bewahrt. Am Hang steht die romanische Stiftskirche St. Lazare.

    Pilger aus Norden wiederum kamen durch Auxerre. Wir folgen ihren Spuren auf dem bewaldeten Hochufer des Flusses Yonne. Im Zentrum des Städtchens flaniert „tout le monde“ an der als Park gestalteten Uferpromenade, vorbei an zahlreichen Hausbooten.
    Auxerre bietet eine spektakuläre Silhouette: Hinter der friedlich fließenden Yonne ragen drei Hügel mit Kirchbauten auf. Den Pilgern galt dieser Anblick als Symbol für die Dreifaltigkeit.
    Es handelt sich um die beiden gotischen Türme der Kathedrale Saint-Étienne und der Peterskirche. Daneben der romanische Kirchturm der Abtei Saint-Germain, deren Krypten am Hang übereinander liegen; hier findet man auch die ältesten, karolingischen Wandmalereien Frankreichs. Die Altstadt von Auxerre umfasst weitere Kirchen, historische Stadtvillen sowie rund 700 Fachwerkhäuser – eingedeckt mit den für Nordburgund typischen rotbraunen Flachziegeln.

    Auxerre Foto: Rößler

    Wenn abends nach dem Wandern die Füße schmerzen, entspannt man sich am besten bei einem Glas Wein von den Lagen des Burgund, die 2015 zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Die Bandbreite ist groß, da sich auf den kleinen Parzellen Ton und Kalk vielfältig mischen. Als zünftige Pilger entscheiden wir uns natürlich für einen Tropfen aus der Appellation Vézelay.

    Antje Rößler

    Weitere Infos unter: www.bourgognefranchecomte.com

    Die Reise wurde unterstützt vom Tourismusamt Burgund-Franche-Comté

  • Musik in mediterraner Berglandschaft

    Tourettes in der Abendsonne Foto: Jungwirth

    Das Festival Quatuors à Cordes im Hinterland von Cannes bietet seit mehr als 30 Jahren hochkarätige Streichquartette in pittoresker Umgebung

    Von Robert Jungwirth

    (Provence, Mitte September 2019) Die Abendsonne taucht das Dorf Tourettes in ein Licht aus Gold und Kupfer. Die verschiedenen Grüntöne der Bäume, Sträucher und Hecken heben sich in schönstem Kontrast ab von den hell schimmernden Häusern und Dächern. Ein Anblick wie hingezaubert. Kaum zu glauben, dass das hier (fast) immer so aussieht. Wenn man durch die Gassen des Bergdorfs schlendert, von einem romantischen Winkel zum nächsten, ist man schon beseelt, noch bevor man den ersten Ton hört. In der Dorfkirche von Tourettes, einem schlichten alten Gemäuer, in dem es auch im September abends nicht kalt wird, beginnt gleich ein Konzert mit dem Quatuor Enescu. Dvorak, Janacek und Enescu stehen auf dem Programm. Vor dem Eingang gibt es Eintrittskarten, Programmhefte und ein Gläschen Wein. Man plaudert und genießt den Blick auf die Häuser und Gässchen, den Wein und die Vorfreude auf das Konzert.

    Vor dem Konzert in Tourrettes Foto: Jungwirth

    In der Kirche entfesseln die vier Herren des Quatuor Enescu, dann vom ersten Ton an eine lebendig, klangsinnliche Atmosphäre, die die Zuhörer sogleich in ihren Bann schlägt. 40 Jahre spielen sie nun schon zusammen, die Verständigung klappt blind, aber nichts wirkt heruntergespult oder gar abgestanden. Im Gegenteil, die Frische und Vitalität ihres Ausdrucks, der temperamentvoll-zupackende Gestus ihrer Musikalität springt unmittelbar auf die Zuhörer über. Das Konzert ist, wie beinahe alle Konzerte des Festivals, hervorragend besucht. Die Quatuors à Cordes, die in diesem Jahr zum 31. Mal stattfinden, sind eine musikalische Institution im Hinterland der Cote d’Azur, und das Programm zeichnet sich nicht nur durch einige illustre Namen aus, sondern auch durch spannende und mitunter auch wagemutige Programme aus.

    Das Dorf Fayence von oben Foto: Jungwirth

    So präsentierte das noch junge, aber ebenfalls ganz hervorragende französische Béla-Quartett neben Werken von Schostakowitsch und Schulhoff auch eine Uraufführung des Italieners Marco Stroppa – ein hochexpressives, mitunter auch heftig zupackendes elfminütiges Werk, das vom Publikum am Ende heftig beklatscht wurde. Wie schön, dass beim Publikum zum Interesse auch noch Offenheit gegenüber Neuem kommt.
    Das erste Quartett von Erwin Schulhoff, 1924 komponiert, machte deutlich, wie interessant und begabt dieser 1942 in einem Lager der Nazis umgekommene Komponist war. Das Béla-Quartett spielte diese lebhaft-rhythmisierte, jazzige Komposition mit großer Hingabe und Impulsivität. Nicht minder beeindruckend war die Wiedergabe von Schostakowitschs Klavierquintett g-Moll aus dem Jahr 1940. Im Lento schwangen sich die durch den Pianisten Wilhem Latchoumia verstärkten Musiker zu einem wahrhaft ergreifenden hymnischen Gesang auf.

    Quatuor Modigliani Foto: Jungwirth

    Tags zuvor konnte man im Nachbardorf Seillans die mittlerweile zur Weltspitze zählenden Musiker des Quatuor Modigliani erleben mit Werken von Haydn, Webern, Korngold und Ravel. Schon in Haydns d-Moll-Quartett (op.76/2) wurde jedes Detail selbst im eher harmlosen Andante zum Ereignis, jede Nuance der Komposition war mit Klangsinn erfüllt. Korngolds Intermezzo von 1934 geriet zu einer richtigen Entdeckung, ein Werk, das kaum ein Ensemble im Repertoire hat, das aber doch mit einer eindrucksvollen Klangsprache zwischen Puccini, Schreker und Mahler überzeugen kann – von den vier Musikern mit intensivem Ausdruck interpretiert. Was selbstverständlich auch und gerade für Ravels F-Dur-Quartett gilt, das man sich in Sachen Prägnanz und vibrierender Leichtigkeit kau besser interpretiert vorstellen kann. Ein Ereignis in der Eglise Saint-Léger von Seillans.

    Neben Einheimischen aus der gesamten Region bis Nizza kommen auch viele Touristen zum Festival Quatuors à Cordes. Die Konzerte finden in den Bergdörfern des Departements Var statt, in Tourettes, Callian, Mons, Seillans oder Montaroux. Wie auf einer Schnur liegen die Dörfer an den Hügeln des Gebirges im Hinterland von Cannes in jeweils etwa einem Kilometer Entfernung voneinander. Vor oder nach den Konzerten kann man die französische Küche in den zahlreichen Restaurants genießen. Dabei können die Gartenlokale in Tourettes und Seillans einen Wettbewerb austragen, welches am idyllischsten gelegen ist. Dem Besucher ist daher dringend empfohlen, beide Lokale einmal aufzusuchen und sich bei einem schönen Essen in die Abendsonne hineinzuträumen.
    Wer von der allzu lärmigen Cote d’Azur in den Städten Nizza und Cannes genug hat, der mache sich auf nach Tourettes, Seillans und co. – ob mit oder ohne Festival.

    Informationen: Die Bergdörfer des Var liegen ca. eine Autostunde von Nizza entfernt Richtung Nordwesten.
    Informationen zum Festival, das Mitte September stattfindet gibt es unter: www.quatuor-fayence.com

    Allgemeine Informationen über die Gegend:
    www.visitvar.fr

    Übernachtungstipp:
    Chambre d’hôtes La Bégude du Pascouren
    74 chemin de la Bane – 83440 FAYENCE
    http://chambres-hotes-labegudedupascouren.fr

    Gastronomietipp:
    La pause tourrettane in Tourrettes
    Les Deux Rocs in Seillans

    Ausflugsempfehlung: Besichtigung der Galerie Fine Art Beddington in Bargemon – internationale Kunst in wunderschönen alten Räumen mit weitem Blick über die Landschaft.
    Das Ehepaar Guy and Michèle Beddington präsentiert sehr sorgfältig ausgewählte Künstler aus zahlreichen Ländern. Zur Zeit etwa die Deutsche Bettina Zapp.

    Bettina Zapp, Wild horses. Pigments and acrylic on canvas Foto: Galerie

    Die Reise wurde unterstützt von Tourismusbüro Var – www.visitvar.fr

  • Kitzbühel – Skiort und Sommerfrische

    Kitzbühel in Tirol bietet im Frühjahr, Sommer und Herbst viel Beschaulichkeit und ist ein idealer Ausgangsort für entspanntes Bergwandern

    Gut zweieinhalb Stunden braucht man zu Fuß von der Talstation der Bergbahn zum Kitzbühler Hahnenkamm mit seinen knapp 1700 Metern Höhe. Eine schöne, leicht schweißtreibende Wanderung mit herrlichen Ausblicken auf Kitzbühel, den Wilden Kaiser, den Schwarzsee und das Kitzbühler Horn. Knapp zwei Minuten brauchen die schnellsten Skirennläufer beim Hahnenkamm-Rennen um wieder unten zu sein. 80% Steigung sind es in der berühmt-berüchtigten Mausefalle. Die Rennläufer fliegen die Streif genannte Abfahrt mehr hinunter als sie fahren. Wenn man sich die Strecke bei einer Wanderung einmal in Ruhe ansieht – der Weg verläuft nah an der Abfahrt – dann bekommt man eine gute Vorstellung von der enormen Herausforderung, der sich die Rennläufer hier stellen.

    Im Winter kann sich der Hahnenkamm über mangelnde Aufmerksamkeit bei Besuchern kaum beklagen. Das wohl berühmteste Abfahrtsrennen des alpinen Skizirkus‘ sorgt alljährlich im Januar für jede Menge touristischen Zulauf. Als Skiort ist Kitzbühel seit vielen Jahrzehnten ein Hotspot, lange bevor das Wort erfunden wurde. Wenn der Schnee weg ist, sieht es etwas anders aus. Freilich wird der Ort mit dem pittoresken Blick zum Wilden Kaiser, dem knapp 2000 Meter hohen Kitzbühler Horn und den niedrigeren, aber sehr malerischen Bergen drumherum übers ganze Jahr Ziel von vielerlei Touristen und Ferienhausbesitzern besucht. Dass Kitzbühel aber ganzjährig vor allem eine Partylocation der oberen Zehntausend ist, gehört glücklicherweise ins Reich der Sagen und Mythen. In den drei Tagen, die ich dort im Juni verbrachte, bin ich auf eine Geburtstagsfeier in einem Lokal der Altstadt gestoßen. Die war freilich etwas aufwendiger. Ansonsten aber war es eher ruhig und beschaulich.


    Kitzbühel hat sich erfreulicher- und erstaunlicherweise trotz der vielen Luxus-Chalets, die es hier auch gibt und die auf dem freien Markt gerne mal absurde sieben bis neun Millionen Euro kosten, seinen ursprünglichen Charakter bewahren können. Im Gegensatz zu manchen Schweizer Bergdörfern, die von Neubauten verschandelt wurden.

    Kitzbühel ist – man mag es kaum glauben – im Sommer sehr beschaulich und allemal eine Reise oder zumindest einen Bergausflug wert. Das örtliche Tourismusbüro bietet den Gästen täglich kostenlose geführte Wanderungen an – ein bemerkenswerter Service. Aber man kann sich auch gut auf eigene Faust zu diversen kleineren oder mittleren Touren aufmachen. Familien mit Kindern und ältere Wanderer werden dabei von den Bergbahnen auf den Hahnenkamm, das Kitzbühler Horn oder zur Bichlalm segensreich unterstützt. Sie sind ganzjährig in Betrieb. Während der Wanderweg auf den Hahnenkamm recht steil ansteigt, sind die Berge auf der gegenüberliegenden Seite gemäßigter und bieten schöne freie Blicke übers Tal hinweg. Eine Reihe neu angelegter Wanderwege – etwa zum Sintersbacher Wasserfall hat die Nachbargemeinde Jochberg erst in diesem Jahr eingeweiht. So präsentieren sich Kitzbühel und Umgebung als idealer Ort für die Sommerfrische – so wie es früher vor dem Skizirkus hier war. Denn bekannt wurde das Dorf nach dem Bahnanschluss 1875 als Sommerfrischeort.

    Fotos: Jungwirth/Online-Reisejournal

    Das Hotelangebot in Kitzbühel ist breit gefächert und von durchweg hoher Qualität. Ganzjährig geöffnet und sehr zu empfehlen ist etwa das direkt am Zielhang der Streif gelegene Hotel Rasmushof (4 Sterne), das über gemütliche Zimmer mit viel Holz, eine ausgezeichnete Küche und sogar einen eigenen Golfplatz verfügt – es handelt sich um das Gelände unterhalb der Streif. Obwohl das Hotel mitten in der Natur liegt, ist man zu Fuß in wenigen Minuten in der Dorfmitte von Kitzbühel. Das Auto kann man also getrost auf dem Parkplatz stehen lassen. Oder man nimmt gleich den Zug, um nach Kitzbühel zu kommen. Von München gelangt man mit den Fernzügen Richtung Innsbruck und Brenner schnell ins Inntal nach Wörgl und von dort gibt es einen komfortablen und sehr modernen Regionalzug, der gleich an zwei Bahnhöfen in Kitzbühel hält. Was will man mehr? Entspannter kann man kaum ankommen – und garantiert staufrei!

    Weitere Informationen gibt es unter:

    www.kitzbuehel.com

    Von Robert Jungwirth

    (Die Reise wurde unterstützt von Kitzbühel-Tourismus)

  • Das Grand Hotel Gardone versprüht noch immer den Charme der Jahrhundertwende und lädt zum Entschleunigen ein

    Grand Hotel Gardone

    (Mai 2019) Die große Standuhr im Teesalon des Grand Hotel Gardone lässt zur vollen Stunde die Melodie von Londons Big Ben ertönen, und auch sonst fühlt man sich im dem großen, etwas altmodisch anmutenden Raum mit den breiten Sesseln und den Tischchen für Tee und Kuchen und dem herrlichen Blick über den See an England erinnert. Vermutlich ist das auch ein Grund dafür, dass sich englische Touristen hier besonders wohl fühlen. Die Engländer bilden den größten Teil der Besucher des Grand Hotel Gardone, das an der Westseite des Gardasees thront wie der Buckingham Palace und auch ungefähr genauso lang ist. Der bedeutendste Engländer, der im Grand Hotel Gardone bisher logierte, war Winston Churchill, der im Juli 1949 hier zwei Wochen verbrachte , an seinen Memoiren schrieb, Aquarelle malte und Unmengen an Zigarren rauchte. Churchills Besuch hat einen so großen Eindruck auf die Besitzer des Grand Hotels Gardone gemacht, dass das Zimmer, das er damals bewohnte, seitdem Churchill-Suite heißt.

    Berühmtheiten hat das Grand Hotel Gardone schon viele gesehen. Schon lang vor Churchills Besuch war das Grand Hotel Gardone selbst eine Berühmtheit, die prominente Namen anzog wie Stefan Zweig, den König von Sachsen, Paul Heyse und Gabriele D`Annunzio. Zweig und Heyse haben sogar Erzählungen verfasst, in denen das Hotel als Ort der Handlung dient: „Untergang eines Herzens” und „Vigilio”. Heyse, der 1910 den Literaturnobelpreis erhielt – ebenso wie übrigens Winston Churchill 1953 – war von Gardone so begeistert, dass er dort fast immer während der Wintermonate sein eigenes Haus bewohnte.

    Damals, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, war das Grand Hotel in Gardone sehr beliebt zum Überwintern. Die Gäste kamen damals vor allem aus Deutschland. Zwei deutsche Architekten – Hermann Billing und Wilhelm Vittali – waren es auch, die das Gebäude erweiterten und ihm sein Wahrzeichen gaben: den 1904 errichteten und weithin sichtbaren Turm mit seinen goldenen Mosaiken und dem Jugendstil-Schriftzug „Grand Hotel“ darauf.

    Begonnen hat die Geschichte des Grand Hotels 1884, damals hieß es noch Hotel Pizzocolo. Nach dem Tod des Erbauers führte dessen Witwe das Hotel weiter und erweiterte es sukzessive durch Anbauten. Seinen Aufschwung verdankte das Hotel zu einem nicht geringen Teil einem deutschen Arzt, der seinen zahlreichen Patienten einen Kuraufenthalt in Gardone wegen des milden Klimas als Alternative zum deutschen Winter empfahl. Das Grand Hotel Gardone verfügte um die Wende zum 20. Jahrhundert bereits über Strom und Heizung, auch die Bäder waren beheizbar. Eine Zeitung schwärmte damals, dass man das Hotel ohne Übertreibung eine Stadt nennen könne. „Es gibt 300 Räume, alle nach Süden hin ausgerichtet, Speisezimmer (das größte mit einer Kapazität für 250 Personen), Räume für Konversation, Lesen, Musik, Spiele, Galerien, Bäder, einen Garten mit tropischer Vegetation und einer wunderbaren Promenade an der Seeseite. Außerdem gibt es noch einen weitläufigen Park gegenüber dem Hotel am Hang mit gepflegten Wegen, die zu wunderbaren Spaziergängen und Aussichten einladen.”

    So entwickelte sich das Grand Hotel Gardone langsam aber sicher zu einem der angesagtesten Hotels in Europa – dank des Klimas und dank seiner privilegierten Lage direkt am Ufer des Gardasees. Wer heute alte Fotografien aus der Zeit der Jahrhundertwende betrachtet, die sich in einem schönen Band über die Geschichte des Hauses finden (man kann das Buch an der Rezeption kaufen), erkennt rein äußerlich kaum eine Veränderung des Gebäudes zu heute. Tatsächlich ist ein Besuch des Grand Hotel Gardone ein wenig eine Zeitreise in die Vergangenheit. Wenn man es sich an einem sonnigen Nachmittag auf einer Liege oder einem Stuhl auf der hoteleigenen Promenade bequem macht und auf den glitzernden See blickt, fällt es nicht schwer, sich ein Jahrhundert zurückzuträumen.

    Wer es ganz entschleunigt mag, kann wie vor 100 Jahren mit dem Dampfer von Riva anreisen. Um die Jahrhundertwende gab es noch keine Straße am gebirgigen Westufer von Riva nach Gardone, und die Gäste sind in Riva mit dem Zug ankommend in den Dampfer umgestiegen. Heute existiert am Westufer eine vielbefahrene Straße, dafür wurde der Bahnhof in Riva dicht gemacht, was sehr bedauerlich ist. Für Bahnreisende ist es heute umständlicher nach Riva zu gelangen als vor 100 Jahren.

    Den großen Garten des Grand Hotels an den Hügeln, in dem auch eine Szene in Paul Heyses Erzählung „Vigilio“ spielt, gibt es heute leider nicht mehr. Die nachfolgenden Besitzer des Hotels haben ihn 1960 verkauft, um Modernisierungen am Gebäude durchführen zu können. So wurde das große Hotel über die Zeiten hinweg immer wieder in einen zeitgemäßen Zustand versetzt – bis heute. Die Familie Mizzaro führt das Hotel heute in der dritten Generation, davor gab es – auch durch die Kriegswirren bedingt – wechselnde Eigentumsverhältnisse. Dank der Hingabe, mit der die Familie Mizzaro das Grand Hotel mit seinen 4 Sternen betreibt, konnte das wunderbare Gebäude in seiner Originalgestalt und seinem Charme erhalten werden. Und so bietet es auch heute noch seinen Gästen einen selten gewordenen Charme jenseits der Sterilität vieler anderer Spitzenhotels. Und natürlich gibt es im Grand Hotel Gardone auch eine hervorragende Gastronomie der gehobenen Klasse – à la carte oder als Halbpension.

    Von Robert Jungwirth

    Infos: www.grandhotelgardone.it/de/

    (Die Reise wurde unterstützt vom Italienischen Tourismusverband und dem Grand Hotel Gardone)

  • Venedig verlangt bald Eintritt

    Touristen sollen künftig für den Besuch Venedigs Eintritt bezahlen. Das hat der Bürgermeister der Stadt Luigi Brugnaro angekündigt. Die Höhe des Eintrittsgeldes solle pro Person drei Euro betragen und ab Mai erhoben werden, im kommenden Jahr soll der Betrag auf sechs Euro steigen. Die Gebühr sollen aber nur Tagestouristen bezahlen müssen, die nicht in Venedig übernachten. Übernachtungsgäste bezahlen schon jetzt eine Ortstaxe. Die Pläne müssen noch vom Kommunalrat abgesegnet werden. Das Geld soll für Instandhaltungsmaßnahmen verwendet werden.

  • Historisches Hotel mit Atmosphäre: Das Hotel Schweizerhof in Flims atmet noch den Geist der Jahrhundertwende

    Es gebe keine negative Publicity, behaupten manche. Auch das Hotel Schweizerhof in Flims hat kein Problem damit, den wenig schmeichelhaften Kommentar eines berühmten Gastes über das Abendessen in seinem Gästebuch öffentlich zu dokumentieren. Friedrich Nietzsche war das, dem das Huhn seinerzeit nicht so gemundet hat. Trotzdem blieb er vier Wochen. Es kann also nicht so schlimm gewesen sein.

    1873 war das, und Nietzsche wohnte damals im Segnes-Hotel, dem Vorläufer des 1903 eröffneten Hotels Schweizerhof. Seit der Eröffnung ist der Schweizerhof in Flims unweit von Chur in seiner Gestalt und Art erhalten geblieben und zählt zu einem der schönsten historischen Hotels der Schweiz. Und seit dieser Zeit ist er in Privatbesitz der Gründerfamilie. Auch das ist eine Besonderheit. Auch andere Berühmtheiten beherbergte das Hotel, wie zum Beispiel Albert Einstein, der sich übrigens sehr zufrieden äußerte. Flims mit seiner spektakulären Bergkulisse war damals als Kurort zur Sommerfrische sehr geschätzt.

    Heute ist der Ort vor allem als Wintersportgebiet bekannt, und es gibt es jede Menge Lifte und Skisport-Infrastruktur. Entspannter aber dürfte ein Besuch des rund 1000 Meter hoch gelegenen Orts im Kanton Graubünden außerhalb der Wintermonate sein. Dann sind weniger Touristen unterwegs und man kann wunderbar durch die herrliche Gegend rund um Flims wandern. Etwa zum nicht weit vom Hotel Schweizerhof entfernten türkisfarbenen Caumasee oder zur Rheinschleife, auf die man von oben einen spektakulären Blick hat, wenn man vom Caumasee zum Crestasee spaziert.

    1903 als das Hotel Schweizerhof erbaut wurde, etablierte sich der Ort gerade als Sommerfrische-Refugium wie so manche andere berühmte Hotels in der Schweiz. Einer allzu rigorosen Modernisierung hat man im Schweizerhof glücklicherweise widerstanden, auch wenn das 4-Sterne-Haus selbstverständlich über alle zeitgemäßen Annehmlichkeiten bis hin zum SPA verfügt. Erst vor Kurzem hat man eine Dachterrasse mit wunderbarem Weitblick und einen großzügigen Yogaraum eröffnet. Was aber mindestens so wichtig ist, das ist die familiäre Atmosphäre und die vielen historischen Möbel, die erhalten geblieben sind. Der Speisesaal, die Salons und die Bibliothek atmen noch heute den Charme der Jahrhundertwende – ohne die Steifheit freilich, die bei Hans Castorp auf dem „Zauberberg“ herrschte. Die Atmosphäre im Haus ist leger, aber stilvoll. Eine gute Mischung für einen entspannten und erholsamen Aufenthalt.

    “Sehr zufrieden” schrieb Albert Einstein ins Gästebuch des Hotels Schweizerhof Fotos: Jungwirth

    Das Essen im Schweizerhof ist übrigens sehr zu empfehlen: gehobene, französisch angehauchte Küche, aber auch mit lokalen Gerichten in schöner Umgebung – und im Sommer kann man auch auf der wunderbaren Holzveranda mit Bergblick speisen.

    Ein besonderes Angebot für die Besucher sind die Flimser Konzerte, die als Festival von mehreren Hotels des Orts alljährlich vor allem im Sommer veranstaltet werden (www.flimsfestival.ch) und die auch einem kulturell interessierten Publikum zusätzliche Attraktionen bieten.

    Von Robert Jungwirth

  • Die charmante Hälfte der Côte d’Azur: Marseille – Cassis – Sanary sur Mer

    Bucht zwischen Bandol und Sanary Fotos: Jungwirth

    Die Sonne strahlt als wäre es Sommer, und das Meer leuchtet dunkelblau. Nur die Lufttemperatur erinnert einen daran, dass es erst Februar ist und noch nicht wirklich Frühling. Der hält selbst an der Côte d’Azur erst im März Einzug – auch wenn schon jetzt einiges blüht, wie der Ginster oder die gelb leuchtenden Mimosen. In jedem Fall hat ein Besuch der Côte d’Azur auch im Februar seinen Reiz. Denn sonnig ist es hier fast immer, und wenn man ein windgeschütztes Plätzchen findet, lässt es sich draußen sehr gut aushalten. Vormittags und abends sollte man sich allerdings warm anziehen, zumal der frische Wind recht heftig blasen kann.

    Ein Besuch so früh im Jahr hat aber auch noch andere Vorteile. Man ist mit den Einheimischen unter sich und findet in jedem Café und Restaurant einen freien Platz – davon kann im Sommer keine Rede sein. An den Wochenenden sind aber auch im Februar die Hafencafés und -Restaurants zwischen Marseille und Toulon sehr gut besucht. Denn dann machen die Marseiller dorthin gern ihren Wochenendausflug. Der vielleicht hübscheste Ort dieses westlichen Abschnitts der Côte d’Azur – des unmondänen, aber charmanteren Teils der berühmten Küste – ist das rund 7000 Einwohner zählende Cassis.

    Der Hafen von Cassis

    Der Name hat mit dem gleichnamigen Getränk übrigens nichts zu tun. Begrenzt von zwei Naturschutzgebieten – westlich den berühmten Calanques und östlich sensationellen Steilklippengebirgen – liegt Cassis in einer kleinen beschaulichen Bucht, die den Wind abhält und die Sonne einlädt. Und dann sind da natürlich vor allem die sehr hübschen kleinen Häuser rund um die Bucht aus dem 18. Jahrhundert, alle 2-3 geschossig und schmal – und keines gleicht dem anderen. Davor, wie gemalt, unzählige bunte kleine Holzboote, die dem Fischfang dienten und heute nur noch zum Teil dafür verwendet werden. Ihr Hauptzweck ist Dekoration und die Bewahrung der Tradition. Liebevoll werden sie gehegt und gepflegt zum Stolz ihrer Besitzer und zur Freude der Touristen, die daran vorüber schlendern. Und wer vom Schlendern müde ist, der kann sie auch von einem der vielen Cafés aus betrachten. Oder vom Restaurant Poissonnerie aus, wo man ganz hervorragende Fischgerichte genießen kann – wie der Name auch vermuten lässt. Vormittags ein Fischladen, verwandelt sich das Geschäft ab Mittag in ein Restaurant mit wunderbarem Hafenblick.

    Blick von der Poissonnerie Laurent auf den Hafen von Cassis Fotos: Jungwirth

    Der Besitzer des Restaurants in dritter Generation Eric Giannettini erzählt davon, wie sich Cassis seinen besonderen Charme behalten halt. “Weil hier fast alles in Familienbesitz ist. Auswärtige Investoren haben es schwer hier, etwas zu bekommen, man behält die Grundstücke und Häuser in den Familien und sorgt damit für die Bewahrung des Charakters des Dorfes.“ Wie durch Grundstücksverkäufe die Seelen ganzer Landstriche verloren gehen können, das kann man an vielen Orten dieser Welt beobachten. In Cassis ist man vorsichtiger und das sieht man auch. „Die Familien mit Grundbesitz hier haben kapiert, dass sie einen großen Schatz besitzen“, sagt Giannettini. „Warum also sollten sie verkaufen, was ohnehin unbezahlbar ist“, meint er. Auch Luxushotels, wie man sie an anderen Orten der Côte d’Azur zu Hauf findet, gibt es in Cassis nicht. 2-3 Sterne haben die paar kleinen, aber netten Hotels am Ort zu bieten, mehr nicht. Wer mehr will, soll nach Cannes oder Saint Tropez fahren.

    Boote im Hafen von Cassis

    Wie zum Beispiel das Cassitel am Ende der Bucht in einem hübschen rotbraunen Haus gelegen. Von hier aus kann man alles gut zu Fuß erkunden – auch die Calanques, jene spektakulären langgezogenen Felsenbuchten, die erst vor ein paar Jahren zum Nationalpark erklärt worden sind. Man erreicht sie entweder per Boot oder zu Fuß. Wenn man dorthin wandert, kann man zwischen Touren zwischen einer und mehreren Stunden wählen, je nach Kondition und Temperatur. Denn im Hochsommer ist eine Tour natürlich extrem schweißtreibend, auch wenn die zahlreichen Buchten zur Abkühlung einladen. Besser ist es, man wandert hier im Februar, März, April oder natürlich auch im Herbst.

    Die Calanques bei Cassis

    Cassis erreicht man mit dem Auto in etwa einer halben Stunde von Marseille aus oder mit dem Zug in ca. 45 Minuten. Denn in Cassis braucht man eigentlich kein Auto, der Ort ist klein genug, um alles erlaufen zu können – und Parkplätze sind teuer. Der kleine, aber hübsche Markt mit seinen wunderbaren Käse- Wurst- und Gemüseständen ist nur ein paar Meter vom Hafen entfernt. Fisch wird fangfrisch direkt am Hafen verkauft – wie auch die Seeigel, die die Einheimischen besonders gern essen. Hervorragende Restaurants gibt es im ganzen Ort, nicht nur am Hafen. Sehenswert ist auch das kleine historische Museum des Dorfes mit seinen zahlreichen Unterwasserfunden rund um Cassis. Vor allem Amphoren verschiedenster Gestalt und Herkunft gibt es hier, die einen Eindruck vom hochentwickelten Handelssystem in der Antike im Mittelmeerraum vermitteln.

    Das Panier Viertel in Marseille

    Natürlich kann und sollte man auch Marseille nicht links liegen lassen. Die Küstenmetropole hat sich seit dem Kulturhauptstadtjahr 2013 sehr positiv entwickelt und bietet neben dem spektakulären Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeers samt anderer neuer und architektonisch avantgardistischer Gebäude an einem Teil des Hafens vor allem in dem an einem Hang dahinter gelegenen pittoresken Stadtviertel Vieux Panier Gelegenheit zu stimmungsvollen Stadtspaziergängen durch kleine Gassen und über hübsche Plätze – und das weitgehend autofrei.

    Und wer mittags die hier erfundene originale Bouillabaise mit Hafenblick genießen möchte, der sollte unbedingt das Lokal Miramar von Marion Fabre aufsuchen. Das Praktische bei der Bouillabaise ist ja, dass man zwei Gänge in einem hat. Zuerst kommt die Fischsuppe, dann kommt der Fisch, der darin gekocht wurde. Bis zu 6 verschiedene Fische gehören in eine richtige Bouillabaise, erklärt Marion Fabre, darunter kleine Felsenfische, die vor allem den Geschmack in die Suppe bringen und die es nur in den Gewässern rund um Marseille gibt. Das Gericht ist mit ca. 60 Euro zwar nicht billig, aber wenn man bedenkt, wieviel Fisch darin ist und dass es zwei Gänge sind, dann ist der Preis doch gerechtfertigt. Eine Bouillabaise für einen sehr viel geringeren Preis, sagt man hier, kann keine richtige Bouillabaise sein.

    So muss eine Bouillabaise aussehen – die Fische werden dann noch vom Koch zerlegt

    Als Tipp für ein besonderes Abendessen sei Le Couteau in dem spektakulär am Hang gelegenen Hotel Dieu (Intercontinental) erwähnt. Hier bekommt man eine Bouillabaise als Shake im Glas serviert, bei dem die zwei Bestandteile der Bouillabaise übereinander geschichtet werden und von einer Schicht Mascarpone getrennt sind. Man arbeitet sich mit einem langen Löffel langsam nach unten vor und durchmischt dabei die Schichten der Suppe, der Mascarponecreme und des Fischs. Eine durchaus gelungene Variante der Marseiller Spezialität. Auch die übrigen probierten Gerichte der Karte waren ausgezeichnet – ebenso der Service. Eine eindeutige Empfehlung für ein gehobenes Abendessen.

    Bouillabaise vertikal im Le Couteau

    A propos Essen. Wer Cassis Richtung Osten verlässt, sollte auf dem Weg zu den nächstgelegenen Küstenorten Bandol und Sanary sur Mer in der Hostellerie Bérard in La Cadière-d‘Azur vorbeischauen. Küchenchef und Besitzer Jean-Francois Bérard hat das Lokal von seinem Vater übernommen und zelebriert darin eigene Kreationen von außergewöhnlicher Originalität und Qualität (zumeist Produkte aus dem eigenen Garten). Und auch das dazugehörige Hotel in einem alten verwinkelten Haus in dem märchenhaft auf einem Berg gelegenen Ort ist eine sehr gute Adresse für einen Zwischenstopp.

    Hostellerie Bérard in La Cadière-d’Azur

    Blick aus dem Fenster der Hostellerie Bérard

    Nach Sanary sur Mer – die ehemalige heimliche Hauptstadt der deutschen Literatur

    Sanary sur Mer ist den meisten heute kaum noch ein Begriff. Das war in den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts anders. Damals war der kleine Fischerort ein literarisches Zentrum in Europa – auch wenn die wenigsten Autoren ganz freiwillig hierhergekommen sind. Zunächst waren es nur ein paar Schriftsteller, die aus Nazi-Deutschland, wo ihre Bücher verbrannt worden sind und sie ihres Lebens nicht mehr sicher sein konnten, hierher geflüchtet sind. Thomas Mann, seine Frau und seine Kinder, Lion Feuchtwanger mit Frau, Franz Werfel mit seiner Frau, Hermann Kesten, Joseph Roth, René Schickele, ja sogar Bertolt Brecht – sie alle und viele mehr hielten sich kurz oder lang hier auf. Als Zwischenstation auf dem Weg in andere Exile oder tatsächlich mit der Hoffnung, das Ende des braunen Spuks hier abwarten zu können. Immer mit der Unsicherheit verbunden, hier nicht auch verfolgt zu werden.

    „Nach dem heutigen Stand der Forschung befanden sich zwischen Anfang 1933 und Ende 1942 über 500 Deutsche, Österreicher und andere Flüchtlinge im Departement Var, von denen über 80 Prozent in Sanary, Bando und Le Lavandou konzentriert waren. Der provinzielle und ländliche Charakter sowie die entsprechend niedrigen Lebenshaltungskosten waren nicht zu vernachlässigende Gründe für zahlreiche Flüchtlinge, sich für diese Gegen zu entscheiden. Viele von ihnen befanden sich nämlich, bedingt durch das Exil und das Verkaufsverbot ihrer Malerei und schriftstellerischen Werke im nationalsozialistischen Deutschland und später auch in den besetzten Ländern in ernsten finanziellen Schwierigkeiten.“ Ludwig Marcuse verlieh dem Ort in jenen Jahren den Titel “heimliche Hauptstadt der deutschsprachigen Literatur” .

    Gedenktafel in Sanary sur Mer

    Das kleine Sanary-sur-Mer hat die Geschichte der Exilliteraten hervorragend dokumentiert, zum einen gibt es ein kleines dreisprachiges Büchlein zu dem Thema – aus ihm stammen die Zitate – , zum anderen kann man sich in der Touristeninformation von Sanary am Hafen eine hervorragende, ebenfalls dreisprachige Dokumentation auf einer Screen ansehen. Vor dem Gebäude wurde zudem eine große Gedenktafel mit allen Namen jener Schriftsteller angebracht, die hier Zuflucht gesucht und gefunden haben. Und dann hat man auch noch an den Gebäuden, in denen die Schriftsteller damals lebten, kleine Gedenktafeln angebracht, die mit kurzen Texten an das Schicksal der hier erstmals Lebenden erinnern. Etwa an dem Turm, den Franz Werfel und Alma Mahler bewohnten, bevor sie in die USA emigrierten.

    Exil im Paradies

    So war der kleine pittoreske Ort, in dessen Hafen wie in Cassis die bunten Holzboote so hübsch schaukeln, für viele Verfolgte in dieser Zeit ein trauriges Paradies. Lion Feuchtwanger, der mit am längsten in Sanary wohnte, hat die Situation damals so beschrieben: „Dazu kommt, dass viele Schriftsteller mehr als andere Exilanten leiden unter den läppischen kleinen Miseren, aus denen der Alltag des Exils sich zusammensetzt. Es ist keine große Sache, in einem Hotel wohnen zu müssen und auf Schritt und Tritt bürokratischen Weisungen unterworfen zu sein. Aber einen weitgespannten Roman in einem Hotelzimmer zu schreiben ist nicht jedem Schriftsteller gegeben, es reißt an den Nerven; es reißt doppelt an den Nerven, wenn der Autor nicht weiß, ob er morgen noch dieses Hotelzimmer wird zahlen können, wenn seine Kinder ihn um Essen bitten, und wenn die Polizei ihm mitteilt, daß binnen drei Tagen seine Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist. Die Leiden der Verbannung sind nur in seltenen Augenblicken heroisch.“

    Tatsächlich wurde Feuchtwanger im Mai 1940 in ein Internierungslager verschleppt, aus dem er glücklicherweise wieder frei kam und schließlich in die USA fliehen konnte.

    Hafen von Sanary sur Mer – links das Hotel de la Tour

    Wer Fotos von Sanary aus den 30er Jahren betrachtet, wird feststellen, dass sich die Ansicht des Orts vom Hafen aus so gut wie nicht verändert hat. Fast jedes Gebäude der damaligen Zeit steht noch immer an seinem Platz, das Café Lyon, einer der Treffpunkte der Literaten heißt immer noch so. Und auch jenes Hotel, in dem fast alle Literaten abgestiegen sind nach ihrer Ankunft in Sanary: das Hotel de La Tour. Wie eine Bastion thront es am Hafen nah am Wasser. Geführt wird es von der Enkelin des Besitzers, der es zur Zeit der Exilliteraten geleitet hatte. Liebevoll renoviert, hat es den Charme der früheren Zeiten bewahrt ohne das man deshalb einen zeitgemäßen Komfort vermissen muss (allerdings ohne Lift) – auch wenn das Hotel lediglich als 2-Sterne-Haus ausgewiesen ist. Und es verfügt praktischerweise auch noch über eines der besten Restaurants am Ort. Eine Übernachtung mit einem Abendessen hier an diesem wahrlich geschichtsträchtigen Ort (Thomas Mann bewohnte z.B. das Zimmer mit der Nummer 17) ist also unbedingt zu empfehlen.

    Blick vom Hotel de la Tour auf den Hafen

    Und wenn am Morgen die Sonne ins Zimmer scheint und ihre Strahlen auf dem dunkelblauen Meer glitzern, mag man sich im Bewusstsein der Geschichte des Orts noch ein wenig mehr darüber freuen, in welch sicheren Zeiten man hier sein und unbeschwert die Schönheiten dieser Gegend genießen darf.

    Robert Jungwirth

    Weitere Empfehlungen und Links:

    Weingut Chateau de Fontblanche

    Cassis und Bandol sind auch für ihre Weine berühmt. In Cassis kann man z.B. das Weingut Chateau de Fontblanche von Emile Bodin besuchen und eine Weinprobe machen.

    In Bondol gibt es die Oenothèque des Vins de Bandol (Place Lucien Artaud), in der man die Weine des Bandol probieren kann. Infos unter: www.vins.cassis-bodin.fr

    Spektakulär ist das Weingut La Domaine de La Begude von Familie Tari. Auf einem der größten Grundstücke der gesamten Gegend wird auf 22 Hektar biologischer Wein hergestellt. Guillaume Tari bietet den Besuchern sogar eine Wanderung über das Weingut mit Picknickkorb an. Infos unter: www.DomainedelaBegude.fr

    Marseille ist auch für seine Seifenherstellung berühmt. Wer die Geschichte und den Prozess des Seifenherstellung in Marseille kennenlernen möchte, der sollte eine Demonstration in der Grande Savonnerie in der 36 Grand Rue besichtigen.

    Hotelempfehlungen:

    Marseille:

    Neu, komfortabel und zentral: NH Collection Marseille – 4 Sterne. 37 boulevard des Dames

    Cassis:

    Klein, sauber und zentral am Hafen: Cassitel – 2 Sterne. 3 Place George Clemenceau

    La Cadière-d’Azur:

    Mit viel Charme und Atmosphäre und herausragender Küche und einem eigenen Spa: Hostellerie Bérard – 4 Sterne. 6 Rue Gabriel Péri

    Sanary sur Mer:

    Geschichtsträchtig mit familiärem Charme und sehr gutem Restaurant, nah am Meer: Hotel de La Tour – 2 Sterne. 4 Quai Charles de Gaulle

    Weitere Informationen gibt es unter:

    www.myprocence.fr

    www.marseille-tourisme.com

    www.ot.cassis.com

    www.visitvar.fr

     

     

  • Luxus und Wüste

    Neubau im Midcentury-Stil Foto: Rüdiger Bismark

    Neubau im Midcentury-Stil Foto: Rüdiger Bismark

    Im kalifornischen Palm Springs bauten die Hollywood-Stars ihre Zweitvillen. Heute pflegt die Stadt ein einzigartiges Architekturerbe.

    Früher gab es hier nur Wüste, ein paar Indianer und eine einzige Palmenart. Als man die Eisenbahn nach Los Angeles baute, blieben auch ein paar abenteuerlustige Gleisarbeiter in der Gegend hängen. Bis ins 20. Jahrhundert hinein bestand Palm Springs nur aus ein paar verstreuten Hütten. Doch dann erfuhr die Siedlung am Fuße der San Jacinto Mountains einen sagenhaften Aufschwung.
    Der verdankte sich drei Pluspunkten: Es herrscht hier ein Wohlfühlklima mit trockenen, milden Wintern. Es gibt Wasser in Form natürlicher Quellen. Und die Küsten-Metropole Los Angeles ist gerade mal zwei Autostunden entfernt. Als das trug dazu bei, dass die Schönen und Reichen von Hollywood den verschlafenen Wüstenort als Winter-Refugium für sich entdeckten. (Foto: Neubau im Midcentury-Stil)

    Berühmtheiten wie Elizabeth Taylor und Cary Grant, Walt Disney oder die Beach Boys kamen. Das Traumpaar Frank Sinatra und Ava Gardner feierte legendäre Pool-Partys. Man vergnügte sich bei Tennis, Golf und Ausritten. Zuweilen ging es mit der Seilbahn, der längsten der Welt, hinauf in die Berge zum Skifahren.
    Anreisende wurden am Stadtrand von der wohl elegantesten Tankstelle Nordamerikas begrüßt. Star-Architekt Albert Frey gestaltete eine bauliche Ikone, deren ausladendes Sonnendach sich wie ein Drachen in den immerblauen Himmel schwingt. Heute hat hier die Touristeninformation ihren Sitz.

    Bis in die Siebziger Jahre hinein herrschte in Palm Springs Partystimmung, während die Einwohnerzahl auf 50.000 anwuchs. Überall wurde gebaut. Und da die wohlhabenden Bauherren im Dunstkreis von Hollywood ebenso anspruchsvoll wie aufgeschlossen waren, heuerten sie die besten und fortschrittlichsten Architekten an: Richard Neutra, John Lautner oder Stewart Williams – Namen, bei denen Fans moderner Architektur in Begeisterung geraten. Viele ihrer schicken Villen, in denen sich einst die Stars vergnügten, können heute auch Normalsterbliche im Urlaub mieten.

    Die hochwertige Midcentury-Architektur prägt das Stadtbild von Palm Springs bis heute. Fährt man die beiden Hauptstraßen entlang, den Palm Canyon Drive und den Indian Canyon Drive, reiht sich ein bauliches Schmuckstück ans andere: Villen und Hotels, Kirche, Post und Rathaus, Einkaufszentren und Behörden. Stilvolle Bankgebäude erinnern daran, dass in Palm Springs das Geld zuhause war und ist; darunter der freundlich abgerundete, himmelblau strahlende Bau der Bank of America.

    Bank of America Foto: Rüdiger Bismark

    Bank of America Foto: Rüdiger Bismark

    Manchmal mussten die Architekten allerdings für ihre fortschrittlichen Entwürfe kämpfen. So wünschte sich Frank Sinatra eigentlich eine neuenglische Villa mit Türmchen und Säulen. Zum Glück konnte ihn der Architekt Stewart Williams von seiner eigenen Idee überzeugen: einem offenen Glashaus, das sich bestens an die Landschaft und das Wüstenklima anpasst. Der Clou: ein Pool in Konzertflügel-Form.

    In den Siebzigern setzte die Wirtschaftskrise der Dauerparty ein Ende. Die Stadt fiel in eine Art Dornröschenschlaf. Erst um die Jahrtausendwende erwachte sie zu einem neuen Frühling – im Einklang mit einer wachsenden Wertschätzung der Midcentury-Architektur.
    „Heute profitiert Palm Springs von seinem Dornröschenschlaf“, erzählt der Architektur-Experte und Chef von „Palm Springs Modern Tours“, Robert Imber. „Anders als etwa in Miami Beach, das eine vergleichbare Entwicklung genommen hat, wurde hier wenig alte Bausubstanz abgerissen.“

    Imber erklärt, dass sich in Palm Springs die besondere Variante des Desert Modernism herausbildete. „Die umgebende Wüste inspiriert diesen Stil maßgeblich“, so Imber. „Die wilde Landschaft und das klare Design verschmelzen zu einer einzigartigen Ästhetik.“
    Bei einer Rundfahrt zeigt Imber ein paar Beispiele. Darunter jenes Haus, das Richard Neutra 1946 für einen Pittsburgher Warenhaus-Magnaten errichtete. „Neutra hat das elegante, lichtdurchflutete Haus um einen großen Felsblock herum konstruiert“, erzählt Robert Imber. „So scheint es mit der umgebenden Berglandschaft zu verschmelzen.“
    Auch in Albert Freys „Russel House“ für den gleichnamigen Öl-Milliardar dient ein naturbelassener Felsblock als Blickfang; hier überragt er den Swimming Pool. Das Grundstück am Berghang bietet einen spektakulären Blick über das Tal auf die umgebenden Bergketten.

    The Russell House Foto: Palm Springs Bureau of Tourism

    The Russell House Foto: Palm Springs Bureau of Tourism

    Doch es entstanden nicht nur exzentrische Bauten für die Reichen, sondern auch moderne, komfortable und zugleich erschwingliche Zweithäuser für die wachsende Mittelschicht. Die Baufirma von George und Robert Alexander entwickelte einen Einfamilienhaus-Prototyp; mit Satteldach, Garage, Pool und überdachtem Durchgang für die frische Brise. „Dieser Prototyp wurde in drei Varianten hergestellt und mit verschiedenen Fassaden verkleidet“, erzählt der Architektur-Kenner Robert Imber. „Trotz Herstellung in Serie sah am Ende jedes Haus anders aus.“
    Wir fahren durch eine Wohngegend, in der um 1960 mehr als zweitausend dieser „Alexander-Häuser“ entstanden – was die Größe von Palm Springs mal eben verdoppelte. Heute werden viele von ihnen als Ferienhaus vermietet.

    Ein Alexander-Haus Foto: Rüdiger Bismark

    Ein Alexander-Haus Foto: Rüdiger Bismark

    Was seine eigene Privatresidenz anging, so ließ es der Bauunternehmer Robert Alexander richtig krachen: Sein Domizil erinnert an ein bewohnbares UFO und verfügt über eine 20 Meter lange Couch. Elvis Presley und Priscilla verbrachten in diesem futuristischen Ambiente ihre Flitterwochen.
    Ebenso abgefahren wirkt das kuppelförmige „Elrod House“ von John Lautner, das immer wieder als Filmkulisse diente. James Bond wurde hier 1971 vom „Diamantenfieber“ gepackt.
    Heute herrscht in Palm Springs großer Stolz auf dieses architektonische Erbe. Seit zwölf Jahren veranstaltet die Stadt jeden Februar ein Architektur-Festival, die Modernism Week. Zehntausende Besucher reisen dann an, um die sonst verschlossenen Privathäuser zu besichtigen. Der Glamour der Goldenen Hollywood-Ära ist in Palm Springs quicklebendig.

    Antje Rößler

    Reiseinfos
    www.palm-springs.de

    Hotel-Tipp
    The Junipero
    2120 N. Junipero Avenue, Palm Springs
    thedesertcollective.com/the-junipero-property/
    Übernachten in klassisch-schlichtem Midcentury-Ambiente, mit privatem Pool und Blick auf die Berge.

    Gastronomie
    Purple Room Supper Club
    1900 East Palm Canyon Drive, Palm Springs
    www.purpleroompalmsprings.com
    Wo einst Frank Sinatra einkehrte, erklingen im mondänen Sechziger-Dekor die Hits von damals.

    Aktivitäten
    Palm Springs Modern Tours
    www.palmspringsmoderntours.com
    Stadtrundfahrten auf den Spuren berühmter Architekten und Hollywood-Stars.

    Joshua Tree Nationalpark
    74485 National Park Drive, Twentynine Palms
    www.nps.gov/jotr/index.htm
    Eine Autostunde von Palm Springs entfernt wächst der Joshua-Tree, eine nur hier vorkommende Riesen-Yucca.

  • Die feinste Stadt der USA

    Ein Spaziergang durch San Diego

    Die Lebensqualität von San Diego ist wissenschaftlich verbrieft. In den USA erscheinen regelmäßig entsprechende Ranglisten mit Städte-Namen. San Diego landet dort stets auf den vorderen Plätzen. Das verdankt sich nicht nur dem subtropischen Wohlfühl-Klima und der Strandlage am Pazifik. Die südlichste Stadt Kalifornien hat noch mehr zu bieten: ein vielfältiges Kulturleben, zahlreiche Grünanlagen, zuverlässigen Nahverkehr und sogar benutzbare Fahrradwege.

    Die Einwohner sprechen daher gern von „America’s Finest City“. Und auch Touristen lieben die Stadt, die dem Hollywood-Rummel von Los Angeles und der Hipster-Kultur von San Francisco eine bodenständige Gelassenheit entgegen setzt.

    Gaslamp Quarter

    Gaslamp Quarter (Fotos: Rüdiger Bismark)

    Schon der erste Eindruck ist ein angenehmer, liegt doch der kleine Flughafen mitten in der Stadt. Mit Bus oder Taxi gelangt man in wenigen Minuten in die „Altstadt“, die Ende des 19. Jahrhundert entstand. Etwa 100 Jahre später ist die Gegend für längere Zeit ein zwielichtiges Rotlichtviertel. Bis die rund hundert viktorianischen Bauten, die sich zwischen der vierten und der sechsten Avenue ausbreiten, allesamt saniert wurden. Heute ist das „Gaslamp Quarter“ – benannt nach den hier einst verbreiteten Gaslaternen – ein angesagtes Ausgehviertel.

    Restaurants, Bars und Nachtclubs reihen sich aneinander. Die Menge schiebt sich über die Bürgersteige. Fahrrad-Taxis gehen mit kunterbunter Beleuchtung und schallenden Lautsprechern auf die Suche nach Kundschaft.

    Horton Plaza Park

    Horton Plaza Park

    Am Rande des Gaslamp Quarter liegt der Horton Plaza Park, ein kleiner Erholungspark, dessen Sanierung erst im Mai 2016 abgeschlossen wurde. Blickfang ist ein historischer, orientalisch anmutender Springbrunnen. Die bequemen Parkbänke am Rasenrand gefallen allerdings auch den Obdachlosen – ein Problem, das die Stadtverwaltung von „America’s finest City“ leider nicht in den Griff bekommt. An die zehntausend Menschen leben in San Diego auf der Straße; Tendenz steigend. Auch in diesem Punkt liegt die Stadt landesweit an vorderer Stelle.

    Die Obdachlosen liegen nachts auch auf den Straßen von Downtown. Das Büro- und Bankenviertel mit Dutzenden von Wolkenkratzern ist fest im Griff der Immobilienbranche. An jeder verfügbaren Ecke wachsen gesichtslose Spekulationsobjekte in die Höhe.

    Baustellen umringen auch den historischen Bahnhof, ein Schmuckstück im spanischen Kolonialstil. Von hier aus macht sich mit großem Getöse der „Pacific Surfliner“ auf den Weg nach Los Angeles.

     

    Historischen Bahnhof

    Historischer Bahnhof

    Ein Stück weiter gelangt man an die Uferpromenade, die während des Sonnenuntergangs zur beliebten Spazierstrecke wird. Vor dem Kai liegt ein dreihundert Meter langer Stahlkoloss: die USS Midway, 1945 vom Stapel gelassen, der dienst-älteste Flugzeugträger der US-Marine. Heute dient er als Museumsschiff; patriotische Army-Veteranen führen die Besucher durch die Maschinenhallen und übers Deck.

    USS Midway

    Spaziergehen auf einem Flugzeugträger: USS Midway

    Ziel des Uferspaziergangs ist meist das Seaport Village, eine Shopping-Mall, die sich mit verspielten Holzbuden und Gärtchen als mexikanisches Dorf verkleidet hat.

    Während die Einheimischen das Seaport Village gern als den „Vorgarten von San Diego“ bezeichnen, liegt die grüne Lunge der Stadt ein paar Kilometer landeinwärts. Der fünf Quadratkilometer große Balboa Park ist dank der allmorgendlich eifrig wässernden Gärtner eine wirkliche Grünfläche. Auch sonst lässt sich die nun schon seit mehreren Jahren anhaltende kalifornische Dürre in San Diegos Parkanlagen gut verdrängen.

    Balboa Park

    Balboa Park

    Der Balboa Park wurde 1915 als Standort für eine Weltausstellung gewählt. Dafür errichtete man Ausstellungspavillons in einem bunten Fantasie-Kolonialstil, zwischen Brunnen und palmengesäumten Promenaden. Die Anlage wurde ein derartiger Renner, dass man sie nach Ausstellungsende nicht wieder abriss, sondern die Pavillons dauerhaft befestigte. Heute sind auf dem Gelände 17 Museen untergebracht.

    Während man im Balboa Park eine historisierende Märchen-Architektur vorfindet, liegt das echte kolonialzeitliche San Diego ein paar Kilometer weiter nördlich: 1769 ließen sich an der Mündung des San Diego River spanische Missionare nieder; in einem Gebiet, das noch bis 1850 zu Mexiko gehörte.

    Die Erinnerung an den mexikanischen Ursprung der Stadt wird im Old Town Historic Park gepflegt. Die historischen Ziegelbauten bilden hier eine Mischung aus Freiluftmuseum mit Einkaufsmeile. Ganze Reisebus-Ladungen schieben sich durch die Souvenir-Shops. An der Hauptstraße reiht sich ein mexikanisches Restaurant ans andere; abends sorgt der erhöhte Tequila-Pegel für Oktoberfest-Stimmung.

    Das „echte“ Mexiko, das direkt am südlichen Rand von San Diego beginnt, hat mit diesem folkloristischen Getümmel nicht das Geringste zu tun. Um in die Nachbarstadt Tijuana zu gelangen, fährt man eine halbe Stunde mit der Straßenbahn durch Gewerbegebiete und schäbige Eigenheimsiedlungen direkt bis zum Grenzübergang.

    In die staubige Grenzstadt haben die US-Amerikaner ihre mehr oder weniger pikanten Bedürfnisse ausgelagert. Die meisten Tagesausflügler kommen zum billigen Einkaufen. Bestseller sind Medikamente und Viagra, das sich nebenan in einschlägigen Etablissements sogleich zur Anwendung bringen lässt.

    Bei der Rückkehr in die USA darf man sich wie ein unerwünschter Ausländer fühlen: Zwei Kilometer geht es auf eingezäuntem Pfad zur Passkontrolle, wo wir auch bei eher wenig Andrang zwei Stunden warten. Manchmal bietet eine Lücke im Zaun den Blick auf den Grenzstreifen, der sich wie eine riesige Raupe über die Wüstenhügel schlängelt.

    Der Strand von San Diego

    Ocean Beach

    Privilegiert ist, wer sich nach einer solchen Anstrengung am Strand erholen kann. San Diego bietet gleich mehrere blütenweiße Sandstrände, die je ihr eigenes Publikum anziehen. Am Ocean Beach halten Surfer, Yoga-Übende und Straßenmusiker den kalifornischen Hippie-Lifestyle der 68-er lebendig. Studenten treffen sich am Mission Beach.

    Hotel del Coronado

    Hotel del Coronado

    Touristen wiederum zieht es auf die vorgelagerte Halbinsel Coronado, an deren Strand das Hotel del Coronado mit seiner markanten Leuchtturm-Pyramide steht. In dieser luxuriösen Anlage drehte Billy Wilder seinen Klassiker „Manche mögen’s heiß“ mit Marilyn Monroe. Und während die Abendsonne im Pazifik versinkt, stellt man fest, dass die Einheimischen mit ihrem Ehrentitel „America’s finest City“ nicht so Unrecht haben.

    Antje Rößler

    INFOS

    www.sandiego.org

    Anreise:

    Angenehme Flugzeiten bietet British Airways mit einer One-Stop-Verbindung über London

    Im Mai 2017 führt Condor einen Direktflug von Frankfurt ein

    Vor Ort:

    Preiswerte Mehrtages-Tickets für Bus und Bahn

    www.sdmts.com

    Hotels

    Sofia Hotel

    Historischer, zentral in Downtown gelegener Hotelbau von 1926, gebührenfreie Yoga-Stunden und Leihfahrräder

    www.thesofiahotel.com

    Kings Inn

    klassisches Motel nahe Old Town, Ocean und Mission Beach

    großer Pool, leckeres Frühstück im hauseigenen „Waffle Spot“

    www.kingsinnsandiego.com

    Gastronomie

    St. Tropez Bakery & Bistro

    amerikanisches Frühstück mit französischem Dreh

    926 Broadway Circle

    Burger Lounge

    kleine südkalifornische Kette, Burger mit Bio-Rindfleisch, frischer Salate und Rohrzucker-Cola

    www.burgerlounge.com

    Cafe Coyote

    Der Traditions-Mexikaner in Old Town; Senoritas rollen die Tortillas per Hand; die Karte bietet über hundert verschiedene Margaritas

    www.cafecoyoteoldtown.com

    Online-Reisejournal 2017