Die feinste Stadt der USA

Ein Spaziergang durch San Diego

Die Lebensqualität von San Diego ist wissenschaftlich verbrieft. In den USA erscheinen regelmäßig entsprechende Ranglisten mit Städte-Namen. San Diego landet dort stets auf den vorderen Plätzen. Das verdankt sich nicht nur dem subtropischen Wohlfühl-Klima und der Strandlage am Pazifik. Die südlichste Stadt Kalifornien hat noch mehr zu bieten: ein vielfältiges Kulturleben, zahlreiche Grünanlagen, zuverlässigen Nahverkehr und sogar benutzbare Fahrradwege.

Die Einwohner sprechen daher gern von „America’s Finest City“. Und auch Touristen lieben die Stadt, die dem Hollywood-Rummel von Los Angeles und der Hipster-Kultur von San Francisco eine bodenständige Gelassenheit entgegen setzt.

Gaslamp Quarter

Gaslamp Quarter (Fotos: Rüdiger Bismark)

Schon der erste Eindruck ist ein angenehmer, liegt doch der kleine Flughafen mitten in der Stadt. Mit Bus oder Taxi gelangt man in wenigen Minuten in die „Altstadt“, die Ende des 19. Jahrhundert entstand. Etwa 100 Jahre später ist die Gegend für längere Zeit ein zwielichtiges Rotlichtviertel. Bis die rund hundert viktorianischen Bauten, die sich zwischen der vierten und der sechsten Avenue ausbreiten, allesamt saniert wurden. Heute ist das „Gaslamp Quarter“ – benannt nach den hier einst verbreiteten Gaslaternen – ein angesagtes Ausgehviertel.

Restaurants, Bars und Nachtclubs reihen sich aneinander. Die Menge schiebt sich über die Bürgersteige. Fahrrad-Taxis gehen mit kunterbunter Beleuchtung und schallenden Lautsprechern auf die Suche nach Kundschaft.

Horton Plaza Park

Horton Plaza Park

Am Rande des Gaslamp Quarter liegt der Horton Plaza Park, ein kleiner Erholungspark, dessen Sanierung erst im Mai 2016 abgeschlossen wurde. Blickfang ist ein historischer, orientalisch anmutender Springbrunnen. Die bequemen Parkbänke am Rasenrand gefallen allerdings auch den Obdachlosen – ein Problem, das die Stadtverwaltung von „America’s finest City“ leider nicht in den Griff bekommt. An die zehntausend Menschen leben in San Diego auf der Straße; Tendenz steigend. Auch in diesem Punkt liegt die Stadt landesweit an vorderer Stelle.

Die Obdachlosen liegen nachts auch auf den Straßen von Downtown. Das Büro- und Bankenviertel mit Dutzenden von Wolkenkratzern ist fest im Griff der Immobilienbranche. An jeder verfügbaren Ecke wachsen gesichtslose Spekulationsobjekte in die Höhe.

Baustellen umringen auch den historischen Bahnhof, ein Schmuckstück im spanischen Kolonialstil. Von hier aus macht sich mit großem Getöse der „Pacific Surfliner“ auf den Weg nach Los Angeles.

 

Historischen Bahnhof

Historischer Bahnhof

Ein Stück weiter gelangt man an die Uferpromenade, die während des Sonnenuntergangs zur beliebten Spazierstrecke wird. Vor dem Kai liegt ein dreihundert Meter langer Stahlkoloss: die USS Midway, 1945 vom Stapel gelassen, der dienst-älteste Flugzeugträger der US-Marine. Heute dient er als Museumsschiff; patriotische Army-Veteranen führen die Besucher durch die Maschinenhallen und übers Deck.

USS Midway

Spaziergehen auf einem Flugzeugträger: USS Midway

Ziel des Uferspaziergangs ist meist das Seaport Village, eine Shopping-Mall, die sich mit verspielten Holzbuden und Gärtchen als mexikanisches Dorf verkleidet hat.

Während die Einheimischen das Seaport Village gern als den „Vorgarten von San Diego“ bezeichnen, liegt die grüne Lunge der Stadt ein paar Kilometer landeinwärts. Der fünf Quadratkilometer große Balboa Park ist dank der allmorgendlich eifrig wässernden Gärtner eine wirkliche Grünfläche. Auch sonst lässt sich die nun schon seit mehreren Jahren anhaltende kalifornische Dürre in San Diegos Parkanlagen gut verdrängen.

Balboa Park

Balboa Park

Der Balboa Park wurde 1915 als Standort für eine Weltausstellung gewählt. Dafür errichtete man Ausstellungspavillons in einem bunten Fantasie-Kolonialstil, zwischen Brunnen und palmengesäumten Promenaden. Die Anlage wurde ein derartiger Renner, dass man sie nach Ausstellungsende nicht wieder abriss, sondern die Pavillons dauerhaft befestigte. Heute sind auf dem Gelände 17 Museen untergebracht.

Während man im Balboa Park eine historisierende Märchen-Architektur vorfindet, liegt das echte kolonialzeitliche San Diego ein paar Kilometer weiter nördlich: 1769 ließen sich an der Mündung des San Diego River spanische Missionare nieder; in einem Gebiet, das noch bis 1850 zu Mexiko gehörte.

Die Erinnerung an den mexikanischen Ursprung der Stadt wird im Old Town Historic Park gepflegt. Die historischen Ziegelbauten bilden hier eine Mischung aus Freiluftmuseum mit Einkaufsmeile. Ganze Reisebus-Ladungen schieben sich durch die Souvenir-Shops. An der Hauptstraße reiht sich ein mexikanisches Restaurant ans andere; abends sorgt der erhöhte Tequila-Pegel für Oktoberfest-Stimmung.

Das „echte“ Mexiko, das direkt am südlichen Rand von San Diego beginnt, hat mit diesem folkloristischen Getümmel nicht das Geringste zu tun. Um in die Nachbarstadt Tijuana zu gelangen, fährt man eine halbe Stunde mit der Straßenbahn durch Gewerbegebiete und schäbige Eigenheimsiedlungen direkt bis zum Grenzübergang.

In die staubige Grenzstadt haben die US-Amerikaner ihre mehr oder weniger pikanten Bedürfnisse ausgelagert. Die meisten Tagesausflügler kommen zum billigen Einkaufen. Bestseller sind Medikamente und Viagra, das sich nebenan in einschlägigen Etablissements sogleich zur Anwendung bringen lässt.

Bei der Rückkehr in die USA darf man sich wie ein unerwünschter Ausländer fühlen: Zwei Kilometer geht es auf eingezäuntem Pfad zur Passkontrolle, wo wir auch bei eher wenig Andrang zwei Stunden warten. Manchmal bietet eine Lücke im Zaun den Blick auf den Grenzstreifen, der sich wie eine riesige Raupe über die Wüstenhügel schlängelt.

Der Strand von San Diego

Ocean Beach

Privilegiert ist, wer sich nach einer solchen Anstrengung am Strand erholen kann. San Diego bietet gleich mehrere blütenweiße Sandstrände, die je ihr eigenes Publikum anziehen. Am Ocean Beach halten Surfer, Yoga-Übende und Straßenmusiker den kalifornischen Hippie-Lifestyle der 68-er lebendig. Studenten treffen sich am Mission Beach.

Hotel del Coronado

Hotel del Coronado

Touristen wiederum zieht es auf die vorgelagerte Halbinsel Coronado, an deren Strand das Hotel del Coronado mit seiner markanten Leuchtturm-Pyramide steht. In dieser luxuriösen Anlage drehte Billy Wilder seinen Klassiker „Manche mögen’s heiß“ mit Marilyn Monroe. Und während die Abendsonne im Pazifik versinkt, stellt man fest, dass die Einheimischen mit ihrem Ehrentitel „America’s finest City“ nicht so Unrecht haben.

Antje Rößler

INFOS

www.sandiego.org

Anreise:

Angenehme Flugzeiten bietet British Airways mit einer One-Stop-Verbindung über London

Im Mai 2017 führt Condor einen Direktflug von Frankfurt ein

Vor Ort:

Preiswerte Mehrtages-Tickets für Bus und Bahn

www.sdmts.com

Hotels

Sofia Hotel

Historischer, zentral in Downtown gelegener Hotelbau von 1926, gebührenfreie Yoga-Stunden und Leihfahrräder

www.thesofiahotel.com

Kings Inn

klassisches Motel nahe Old Town, Ocean und Mission Beach

großer Pool, leckeres Frühstück im hauseigenen „Waffle Spot“

www.kingsinnsandiego.com

Gastronomie

St. Tropez Bakery & Bistro

amerikanisches Frühstück mit französischem Dreh

926 Broadway Circle

Burger Lounge

kleine südkalifornische Kette, Burger mit Bio-Rindfleisch, frischer Salate und Rohrzucker-Cola

www.burgerlounge.com

Cafe Coyote

Der Traditions-Mexikaner in Old Town; Senoritas rollen die Tortillas per Hand; die Karte bietet über hundert verschiedene Margaritas

www.cafecoyoteoldtown.com

Online-Reisejournal 2017