Klein-Italien am Fuß der Anden: Auf Weintour durch Argentinien

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Weinberge und Berge

Rund 900 der 1200 argentinischen Weingüter befinden sich am Rand der Anden, in der Region um die Stadt Mendoza, einem wüstenartigen, sehr regenarmen Gebiet. Die Trauben kamen mit den europäischen Mönchen nach Argentinien – doch Bewässerungstechniken kannte man schon vorher. Rund sechzig Jahre vor den Spaniern drangen die Inkas in die Region vor und bauten ein ausgetüfteltes Kanalsystem. Um 1550 soll in Mendoza dann der erste Weingarten angelegt worden sein. Seither wurde der Weinanbau über die Jahrhunderte ausgebaut. Heute ist die Region das größte und bedeutendste Weinbaugebiet ganz Südamerikas.

Während bei uns die Weinernte im Oktober abgeschlossen wird, beginnt sie in Argentinien erst im Februar. Und wer sich mit argentinischem Wein beschäftigt, entdeckt schnell weitere Besonderheiten. Spezielle Rebsorten, aber auch besondere Anbaubedingungen geben den argentinischen Weinen ihr charakteristisches Aroma. Im Gegensatz zu den chilenischen Weinen, die zum Großteil exportiert werden, bleiben rund drei Viertel der argentinischen Weine im Lande – schließlich gibt es in dem südamerikanischen Land, das vor allem von Italienern und Spaniern besiedelt wurde, genug Weinfreunde und Weinliebhaber. „Von Investoren, die einfach nur ein Weingut aufkaufen, halte ich gar nichts. Wein ist schließlich in erster Linie eine soziale Aktivität. Weinbau ist dazu da, Freude zu machen. Man trinkt eine gute Flasche Wein schließlich nie alleine“, beteuert José Alberto Zuccardi, der Inhaber des Zuccardi-Weingutes in Maipu bei Mendoza.

José Alberto Zuccardi

José Alberto Zuccardi

Auf verschiedenen Grundstücken im Raum Mendoza baut seine Familie seit über fünfzig Jahren Wein an, darüber hinaus produzieren die Zuccardis auch feines Olivenöl. Obwohl mehr als 300 Mitarbeiter mit anpacken, bleiben die Kernaufgaben in Familienhand. José Albertos Sohn Sebastian ist in den Weinbau längst mit eingestiegen. Sebastian Bruder Miguel leitet die Olivenöl-Sparte. Nicht zu vergessen José Albertos Tochter Julia, nach der die Weinmarke „Santa Julia“ benannt ist. Julia sorgt für die Verbindung von Weinbau und Kunst und für den Ausbau des Weintourismus. Wer das Weingut der Zuccardis besucht, hat deshalb vielfältige Möglichkeiten: Oldtimer- oder Fahrradtouren zwischen den Weinstöcken, ein Ballonflug oder ein Picknick mitten im Weingarten, ein Olivenöl-Tasting oder ein Kochkurs. Die Liste der Aktivitäten, die das Casa del Visitante der Zuccardis in Maipu anbietet, ist lang und äußerst verlockend.

Und obwohl das Zuccardi-Weingut ohnehin zu den besten Argentiniens gehört, hat man sich ehrgeizige Ziele gesetzt. So experimentiert Sebastian Zuccardi intensiv mit neuen, in Argentinien bislang nicht gebräuchlichen Weinsorten. Und Vater José Alberto will stärker als bisher nicht allein die Weinsorte, sondern vor allem die Eigenheiten des Terroirs kultivieren.

Malbec heißt der typische Wein der Region

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Eine Besonderheit des Weins der Region, so berichtet José Alberto Zuccardi, ist, dass die Trauben tagsüber – bei hohen Temperaturen – sehr viel Zucker bilden. Da es nachts deutlich kühler wird, reifen sie jedoch eher langsam. „Mit Wein ist es wie mit dem Menschen, manchmal braucht man Schwierigkeiten, um weiter zu wachsen und um Charakter zu entwickeln“, erklärt José Alberto Zuccardi. Der typischste Wein der Region ist der Malbec. Die schwere, vollmundige Rotweinsorte stammt ursprünglich aus Frankreich, kann am Rande der Anden jedoch ideal angebaut werden. Jedes Weingut im Raum Mendoza hat Malbec-Weine im Angebot, auch das Catena-Weingut in Luján de Cuyo. Sein Hauptgebäude ist einer Maya-Pyramide nachempfunden und wirkt wie ein Wein-Tempel, der neben einer Aussichtsplattform nahe der Pyramidenspitze auch auch ein Wein-Lager und Räume für Weinproben im Sockel der Pyramide umfasst. Wie José Alberto Zuccardi hat auch Nicolás Catena italienische Wurzeln. Sein Großvater Nicola Catena kam 1898 aus den Marken nach Argentinien. Vier Jahre später, im Alter von 22 Jahren, pflanzte er seine ersten Malbec-Reben.

Ebenso wie José Alberto Zuccardi setzt auch Nicolás Catena konsequent auf Qualität und Innovation. Seine Spezialität sind Chardonnay- und Malbec-Weine, die zum Teil aus Trauben gewonnen werden, die auf fast 1600 Metern Höhe angebaut werden. Sein Cuvée aus dem Jahr 2009, der aus Malbec, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Petit Verdot gewonnen wurde, brachte es im Ranking von Weinguru Robert Parker auf stolze 95 Punkte – und ist damit einer der bestbewerteten argentinischen Rotweine überhaupt. Inspiriert wurde Nicolás Catena durch Weinbau-Erfahrungen in Kalifornien.

Bei klarem Wetter sieht man die Anden

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Luján de Cuyo und Maipu, die Orte, wo Zuccardi und Catena zu Hause sind, liegen nördlich von Mendoza. Südöstlich der Stadt Mendoza findet sich das Uco Valley, ein weiteres Top-Weinanbaugebiet der Region. Bei klarem Wetter sieht man dort die schneebedeckten Gipfel der Andenkette, die Argentinien von Chile trennt, zum Greifen nah vor sich. „Es ist ein Privileg, hier in dieser Landschaft zu leben,“ schwärmt Mariano Di Paola, der Kellermeister der Bodega Rutini. Auch dieses Weingut wurde, wie könnte es anders sein, von italienischen Auswanderern gegründet, und zwar 1885 von Felipe Rutini. Familie Rutini hat ihr Weingut zwar im Jahr 1994 verkauft – aber es blieb in argentinischen Händen. Das ehedem kleine Weingut hat sich inzwischen zu einem Big Player entwickelt, der rund acht Millionen Liter pro Jahr produziert. Darunter Tischweine für 13 US-Dollar pro Flasche, aber auch Premiumweine, die 200 bis 250 US-Dollar kosten.

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Fotos: Rainer Heubeck

Ein Besuch der Weingüter um Mendoza lässt sich mit Fahrradtouren ebenso kombinieren wie mit Rafting-Ausflügen. Wer die Chance hat, die Region Anfang März zu besuchen, sollte das große Weinlesefest, das Vendimia-Festival, auf keinen Fall verpassen. Und wer edle Weine in Kombination mit kulinarischen Spezialitäten genießen möchte, die von Spitzenköchen aus aller Welt kreiert werden, für den empfiehlt sich das Masters of Food & Wine Festival. Es wird vom Park Hyatt Mendoza alle zwei bis drei Jahre organisiert. Ein Festival, an dem auch zahlreiche Weingüter mitwirken und bei dem die Gourmet-Menüs – stets mit korrespondierenden Weinen – , nicht in steriler Hotelatmosphäre serviert werden, sondern direkt vor Ort im jeweiligen Weingut. Kreiert werden die Mahlzeiten von Gourmet-Köchen aus Buenos Aires oder aus dem Ausland – beispielsweise aus Mexiko, Peru, Brasilien oder Spanien.

Rainer Heubeck

 

Infos

Einreise: Deutsche Staatsangehörige können bis zu 90 Tage als Touristen visafrei einreisen, der Reisepass muss mindestens noch drei Monate gültig sein.

Anreise: Lufthansa (www.lufthansa.de) fliegt sechsmal wöchentlich nonstop von Frankfurt nach Buenos Aires. Aerolíneas Argentinas (www.aerolineas.com.ar) verkehrt von Madrid bzw. Barcelona nach Buenos Aires (mit Lufthansa-Zubringerflügen aus Deutschland), Iberia fliegt mit Stopp in Madrid nach Buenos Aires (www.iberia.de). Von Buenos Aires nach Mendoza fliegt man circa 90 Minuten, alternativ dazu kann auch über Santiago de Chile angereist werden (zum Beispiel mit Lufthansa oder LAN) – der Flug von dort nach Mendoza dauert nur rund 45 Minuten.

Währung und Wechselkurs: Die argentinische Währung ist der Peso (ARG). Peso und US-Dollar werden in Argentinien gleich abgekürzt ($), in der Regel ist bei Preisangaben der Peso gemeint. Die Kurse bei Banken, an Geldautomaten und beim Kreditkarteneinsatz sind deutlich schlechter als bei Tausch am Parallelmarkt.

Klima: Beste Reisezeit sind die Monate von Dezember bis Mai (Sommer und Herbst)

Auskünfte: Inprotur Argentina, Tel: 0054/11/48501400, info@argentina.travel , www.argentina.travel. Über die Stadt Mendoza und ihre Umgebung informiert www.turismo.mendoza.gov.ar.
Reiseführer: Lonely Planet Reiseführer Argentinien, 24,99 Euro

Weingüter:

Casa del Visitante – Familia Zuccardi
Ruta Provincial 33, km 7.5, Maipu, Mendoza,
Tel. +54-261-441000, www.casadelvisitante.com

Bodega Catena Zapata,
J. Cobos s/n, Agrelo, Luján de Cuyo, Mendoza,
Tel./Fax: +54-261-4131100, www.catenawines.com

Bodega Rutini Wines, Ruta Provincial 89 – S/Nº Kilómetro 10
Gualtallary, Tupungato, Mendoza, www.rutiniwines.com
Das Weingut betreibt auch die Bodega La Rural (Montecaseros 2625, Coquimbito, Maipú, Mendoza), Tel. +54-261-4972013 ext. 125, www.bodegalarural.com.ar
Casarena Winery & Vineyards, Chef Mun, Brandsen 505, Perdriel, Lujan de Cuyo
Mendoza, Tel. Restaurant: +54 (9261) 691 9732, Tel. Weingut: +54 (9261) 304 1090
www.chefmun.com, www.casarena.com

Übernachten:

Park Hyatt Mendoza, Chile 1124, Mendoza, Tel: +54 261 441 1234, www.mendoza.park.hyatt.com/en/hotel/home.html

Wein- und Gourmettouren:

Ampora Wine Tours, Sarmiento 647, Mendoza, Tel. +54-261-429, www.mendozawinetours.com

Online-Reisejournal 2015